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EACEA National Policies Platform:Eurydice
Sonderpädagogische Förderung an allgemeinen Schulen

Switzerland

12.Pädagogische Förderung und Beratung

12.1Sonderpädagogische Förderung an allgemeinen Schulen

Last update: 27 May 2022

Definition der Zielgruppe

Entsprechend der Schweizerischen Bundesverfassung sowie basierend auf dem Bundesrecht und der Interkantonalen Vereinbarung über die Zusammenarbeit im Bereich der Sonderpädagogik (Sonderpädagogik-Konkordat) haben alle in der Schweiz wohnhaften Kinder und Jugendliche (0-20 Jahre) mit einem besonderen Bildungsbedarf Anrecht auf sonderpädagogische Massnahmen. Ein besonderer Bildungsbedarf liegt gemäss Sonderpädagogik-Konkordat vor

  • bei Kindern vor der Einschulung, bei denen festgestellt wird, dass ihre Entwicklung eingeschränkt oder gefährdet ist oder dass sie dem Unterricht in der Regelschule ohne spezifische Unterstützung aller Wahrscheinlichkeit nach nicht werden folgen können;
  • bei Kindern und Jugendlichen, die dem Lehrplan der Regelschule ohne zusätzliche Unterstützung nachweislich nicht, nicht mehr oder nur teilweise folgen können;
  • in weiteren Situationen, in denen die zuständige Schulbehörde bei Kindern und Jugendlichen nachweislich grosse Schwierigkeiten in der Sozialkompetenz sowie im Lern- oder Leistungsvermögen feststellt. Bei der Evaluation zur Feststellung eines besonderen Bildungsbedarfs wird der Kontext mitberücksichtigt.

Gemäss dem Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligung von Menschen mit Behinderung (Behindertengleichstellungsgesetz BehiG) fördern die Kantone, soweit dies möglich ist und dem Wohl des behinderten Kindes oder Jugendlichen dient, mit entsprechenden Schulungsformen die Integration behinderter Kinder und Jugendlicher in die Regelschule (Art. 20 Abs. 2 BehiG).

Das Sonderpädagogik-Konkordat präzisiert, dass integrative Lösungen separierenden Lösungen vorzuziehen sind, unter Beachtung des Wohles und der Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes oder des Jugendlichen sowie unter Berücksichtigung des schulischen Umfeldes und der Schulorganisation (Art. 2 Abs. b Sonderpädagogik-Konkordat).

Die Integration eines Kindes oder Jugendlichen mit besonderem Bildungsbedarf in eine Regelklasse kann Teil- oder Vollzeit erfolgen (integrative Schulung). Sie wird von sonderpädagogischen Massnahmen aus dem Angebot der Schule unterstützt. Erweisen sich die vor der Einschulung oder die in der Regelschule getroffenen Massnahmen als ungenügend, ist über die Anordnung verstärkter Massnahmen zu entscheiden. Die Ermittlung des individuellen Bedarfs an verstärkten Massnahmen erfolgt im Rahmen des Standardisierten Abklärungsverfahren zur Ermittlung des individuellen Bedarfs (SAV) durch die von den zuständigen Behörden betrauten Abklärungsstellen (z.B. Schulpsychologischer Dienst).

 

Standardisiertes Abklärungsverfahren (SAV)

Ob ein Kind mit besonderen Bildungsbedürfnissen eine Regelschule (integrative Schulung) oder eine Sonderschule besucht, wird nicht nach einheitlichen nationalen Regelungen entschieden, sondern mit dem Standardisierten Abklärungsverfahren (SAV) ermittelt. Standen in der Vergangenheit die sich an Grenzwerten orientierenden Kriterien der Invalidenversicherung im Vordergrund, wird der Blick bei der Bedarfsabklärung neu auf die Entwicklungs- und Bildungsziele der Kinder und Jugendlichen gelenkt. Das SAV dient der systematischen Erfassung von Informationen und ermöglicht den Anwendern (Schulpsychologischer Dienst, Abklärungsstellen) eine umfassende, mehrdimensionale Bedarfsabklärung. Das Verfahren kommt zur Anwendung, wenn die lokal verfügbaren sonderpädagogischen Ressourcen nicht genügen und zusätzliche Ressourcen für die Bildung und Erziehung eines Kindes/Jugendlichen zur Verfügung gestellt werden sollen. Es dient den Kantonen primär als Entscheidungsgrundlage bei der Anordnung von verstärkten sonderpädagogischen Massnahmen.

 

Spezifische Unterstützungsmassnahmen

In der Heilpädagogischen Früherziehung werden Kinder mit Behinderungen, mit Entwicklungsverzögerungen, -einschränkungen oder -gefährdungen ab Geburt bis maximal zwei Jahre nach Schuleintritt mittels Abklärung, präventiver und erzieherischer Unterstützung sowie angemessener Förderung im familiären Kontext behandelt.

Im Rahmen der schulischen Integration werden Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam in den Klassen unterrichtet. Dabei wird die notwendige pädagogische, sonderpädagogische, therapeutische und auch pflegerische Betreuung vor Ort gewährleistet, um den spezifischen Bedürfnissen gerecht zu werden. Die Sonderschulung wird von Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen (Vertiefungsrichtung Schulische Heilpädagogik) ausgeführt, die mit den Fachkräften der Regelschule und mit weiteren spezifisch ausgebildeten Fachpersonen (Logopädie, Psychomotorik, Audiopädagogik, Sozialpädagogik, usw.) zusammenarbeiten.

Die Art des besonderen Bildungsbedarfs des integrierten Kindes hat einen Einfluss darauf, wie die schulische Integration realisiert wird. Die folgenden Aspekte sind insbesondere zu erwähnen:

  • Ein Schüler bzw. eine Schülerin mit geistiger Behinderung, integriert in einer Regelklasse, profitiert in der Regel von einem angepassten Lehrplan. Dieser individuelle Förderplan besteht aus einem schriftlichen Plan, welcher auf den individuellen Stärken und Bedürfnissen der Schülerin bzw. des Schülers beruht und die zu erreichenden Ziele, Mittel, Strategien, Termine festhält.
  • Ein Schüler bzw. eine Schülerin mit einer körperlichen oder Sinnesbehinderung ist meist in der Lage, denselben Lehrplan wie seine bzw. ihre Mitschülerinnen und Mitschüler zu verfolgen. Der oder die Lernende profitiert jedoch von notwendigen Anpassungen, um die behinderungsbedingten Nachteile auszugleichen. Die betroffene Person ist berechtigt, Massnahmen des Nachteilsausgleichs wie Hilfsmittel, Begleitperson, Anpassung der Lern- bzw. Prüfungsmedien in Anspruch zu nehmen.

Sonderklassen stellen eine Schulungsart zwischen der Regel- und der Sonderschule dar. Sonderklassen (z.B. Kleinklassen) nehmen eine reduzierte Anzahl Lernender auf, deren Entwicklung gefährdet ist oder die dem Unterricht in der Regelschule aufgrund ihrer Schwierigkeiten (z.B. Verhaltens- oder Lernschwierigkeiten) aller Wahrscheinlichkeit nach nicht werden folgen können. Sonderklassen werden nur noch in einzelnen Kantonen geführt.

 

Begabungsförderung

Die Begabungsförderung ist in den letzten Jahren zu einem wichtigen Thema der Schulentwicklung geworden. Die Kantone verfügen in der Regel über gesetzliche Grundlagen für die Begabungsförderung. Die Begabungsförderung gehört meist zum Grundauftrag der Regelschule und erfolgt auch mehrheitlich im Regelunterricht. Die Schulen richten entsprechende Förderangebote ein, die Lehrpersonen besuchen entsprechende Weiterbildungen.

Es gibt – je nach Kanton – folgende Massnahmen für besonders begabte Schülerinnen und Schüler:

  • Enrichment: Durch eine Binnendifferenzierung des Unterrichts können sich Hochbegabte vertieft und intensiver mit dem Lernstoff bspw. durch individuelle Aufgabenstellungen oder Projekte auseinandersetzen. Angeboten werden auch klassenübergreifende Projekte, Förderung in Gruppen oder Einzelförderung.
  • Akzeleration: Besonders Begabte können früher eingeschult werden, eine Klasse überspringen oder einzelne Fächer in anderen Klassen besuchen.
  • Schulen mit spezifisch-strukturierten Angeboten für Hochbegabte: Sind solche Massnahmen innerhalb der Regelschule nicht ausreichend, können die Schülerinnen und Schüler auch Klassen oder Schulen für besonders begabte Schülerinnen und Schüler besuchen (u.a. namentlich in der Sekundarstufe I und II in den Bereichen Sport, Musik und Kunst) oder sie nehmen an schulhausübergreifenden Pull-out-Programmen teil, in denen sie speziell gefördert werden. Die Interkantonale Vereinbarung für Schulen mit spezifisch-strukturierten Angeboten für Hochbegabte regelt den interkantonalen Zugang zu den betreffenden Schulen sowie den Lastenausgleich unter den Vereinbarungskantonen.

 

 

Referenzen

Interkantonale Vereinbarung über die Zusammenarbeit im Bereich der Sonderpädagogik

Bundesgesetz über die Beseitigung von Nachteilen für Menschen mit Behinderungen

Interkantonale Vereinbarung für Schulen mit spezifisch-strukturierten Angeboten für Hochbegabte