Kindergarten
Der zweijährige Kindergarten bildet die traditionelle Form der vorschulischen Bildung für Kinder im Alter von vier bis sechs Jahren. Obwohl dieser freiwillig ist, besuchen praktisch alle Kinder im entsprechenden Alter eine vorschulische Einrichtung. Für Kinder mit fremdsprachigem Hintergrund ist der Besuch eines Kindergartenjahres obligatorisch.
Administrativ ist der Kindergarten zusammen mit den Primarschulen in die sogenannte Gemeindeschule integriert und ist einer gemeinsamen Schulleitung unterstellt. An einigen Schulstandorten wird durch die Bildung von stufenübergreifenden, altersdurchmischten Klassenbildungen die Integration noch weitergeführt.
Kinder mit besonderen Lernbedürfnissen haben das Recht, einen heilpädagogischen Kindergarten (Sonderkindergarten) zu besuchen. Der Schulrat entscheidet auf Antrag der Eltern, ob das Kind einen Regelkindergarten (integrierte Sonderschulung) oder den Sonderkindergarten besuchen soll. Er berücksichtigt dabei die besonderen Erziehungsbedürfnisse des Kindes und sein schulisches Umfeld. Träger der Gemeindeschulen (Kindergarten und Primarstufe) sind die Gemeinden, welche die Infrastruktur, das weitere Personal an den Schulen und jeweils 50% des Lehrpersonals finanzieren.
Obligatorischer Bildungsbereich
Die Pflichtschulzeit beträgt neun Jahre. Sie beginnt ab dem sechsten Lebensjahr und umfasst die fünfjährige Primarstufe und die darauf aufbauende vierjährige Sekundarstufe I. Letztere ist differenziert in drei Schularten. Die Zuteilung nach der Primarstufe erfolgt aufgrund der schulischen Leistungen nach festgelegten Quoten: Oberschule (25%), Realschule (50%) und Gymnasium (25%).
Alle Schulen auf der Sekundarstufe I sind allgemeinbildende Schulen und folgen einem gemeinsamen verbindlichen Lehrplan. Das Ziel der Sekundarschulen ist es, die Schülerinnen und Schüler im Alter von 11 bis 16 Jahren auf den Besuch von Berufsschulen und anderen weiterführenden Sekundarschulen vorzubereiten. Ein besonderes Förderprogramm bildet die integrierte Sportschule, womit Schülerinnen und Schülern eine individuelle und leistungsorientierte sportliche Förderung geboten wird.
Grosser Stellenwert wird auf die Förderung der Durchlässigkeit zwischen den Schularten gelegt. Bei Erfüllung bestimmter Kriterien besteht nach jedem Jahr die Möglichkeit, in einen anderen Schultyp zu wechseln; dies entweder prüfungsfrei oder andernfalls nach Bestehen einer Prüfung. Ein weiteres Instrument ist der gemeinsame Lehrplan und die Abstimmung der Lehrmittel über die Schularten hinweg.
Mit Abschluss der Sekundarstufe I erfüllen die Schülerinnen und Schüler gleichzeitig die obligatorische Schulzeit.
Nachobligatorische Sekundarstufe II
Die Sekundarstufe II ist in die allgemeinbildende und in die berufliche Bildung unterteilt.
Für Jugendliche, die im Anschluss an die Sekundarstufe I nicht direkt in die Bildungsprogramme auf der Sekundarstufe II eintreten können, stehen freiwillige Brückenangebote zur Verfügung. In Liechtenstein wird diese in Form des Freiwilligen 10. Schuljahres angeboten. Es bereitet Jugendliche in einem Übergangsjahr mit bedarfsgerechten Programmen auf eine schulische oder berufliche Ausbildung der Sekundarstufe II vor.
Der Grossteil der Schülerinnen und Schüler (rund 55%) tritt nach der Pflichtschulzeit eine berufliche Grundausbildung auf der Sekundarstufe II in Form einer Lehre an. Diese dauert in der Regel drei bis vier Jahre. Beim dualen System besuchen die Auszubildenden, neben der Ausbildung im Lehrbetrieb, eine Berufsfachschule. Beim trialen System wird diese Ausbildung durch Verbandskurse – sogenannte Einführungskurse – ergänzt, in denen grundlegende, praktische Fertigkeiten vermittelt werden. Der Abschluss (Fähigkeitszeugnis) ermöglicht den Zugang zu Programmen der Höheren Berufsbildung auf Tertiärstufe.
Während oder im Anschluss an die Lehre besteht die Möglichkeit, eine Berufsmatura zu absolvieren, welche wiederum zu einem Hochschulstudium berechtigt. Die schulische Ausbildung in Rahmen der Berufsbildung erfolgt zum grössten Teil an Berufsfachschulen in der Schweiz. Die Berufsmaturität im Anschluss an die Lehre kann an speziellen Berufsmaturitätsschulen absolviert werden. Eine solche wird in Liechtenstein an der Berufsmaturitätsschule Liechtenstein angeboten.
Ein eher kleiner Teil (10 - 15%) absolviert eine vollzeitschulische Berufsausbildung an einer Fachschule in der Schweiz oder in Österreich. Die Schülerinnen und Schüler eignen sich ihr berufliches Wissen in den Schulen an und absolvieren während und auch ausserhalb der Schulzeit verschiedene Praktika. Auch hier besteht die Möglichkeit einer zusätzlichen Maturitätsausbildung (Fachmatura).
Etwa 30% der Schülerinnen und Schüler absolvieren eine allgemeinbildende höhere Sekundarbildung, welche am Gymnasium erfolgt. Das Gymnasium bereitet auf ein Hochschulstudium vor und dauert ab der Primarstufe bis zum Abschluss (Matura) sieben Jahre. Sie umfasst die Sekundarstufe I und II. Das Gymnasium wird mit der gymnasialen Matura abgeschlossen, die den uneingeschränkten Zugang zu einem Hochschulstudium ermöglicht. Die gesamte Schuldauer bis zur Erlangung der Matura beträgt 12 Jahre.
Mit den unterschiedlichen Bildungswegen und Maturitätstypen (gymnasiale Matura, Berufsmatura, Fachmatura) erreicht Liechtenstein eine gesamthafte Maturitätsquote von rund 40%.
Homeschooling
Nach der Liechtensteinischen Verfassung bedarf die Erteilung von Privatunterricht einer Bewilligung des Schulamtes. Die Bewilligung kann erteilt werden, wenn die Lehrperson über eine angemessene formale Berufsqualifikation verfügt und sich der Unterricht im Wesentlichen am entsprechenden liechtensteinischen Lehrplan orientiert. Eine Bewilligung wird zunächst auf ein Jahr befristet und kann bei Zufriedenstellung des Unterrichtsverlaufs jeweils um ein Jahr verlängert werden. Im Zweifelsfall kann das Schulamt den Lernstand der Schülerin oder des Schülers anhand des entsprechenden liechtensteinischen Lehrplans überprüfen.
Tertiärbereich
Die tertiäre Bildung in Liechtenstein beinhaltet folgende Formen der Bildung:
- Ausbildungsgänge innerhalb des Hochschulwesens (Tertiär A)
- Ausbildungsgänge der Höheren Berufsbildung ausserhalb der Hochschulen (Tertiär B)
Der Hochschulbereich wird durch das Hochschulrahmengesetz geregelt. Die Zulassung zu Studiengängen im Hochschulbereich erfolgt über die Maturität (Matura, Berufsmatura, Fachmatura).
Der Hochschulbereich umfasst die folgenden Stufen:
- Bachelor - 180 ECTS - min. drei Jahre
- Master – 120 ECTS – min. zwei Jahre
- Doktorat – min. drei Jahre
Liechtensteins Bildungsangebot im Hochschulbereich umfasst zwei anerkannte Einrichtungen: die Universität Liechtenstein sowie die Private Universität im Fürstentum Liechtenstein. Liechtenstein ist neben weiteren Schweizer Kantonen Mitträger der Interstaatlichen Hochschule für Technik Buchs (NTB) und der Hochschule für schulische Heilpädagogik in Zürich (HfH) und beteiligt sich zudem an den interkantonalen Finanzierungsvereinbarungen für Fachhochschulen und Universitäten in der Schweiz.
Von den rund 1000 Hochschulstudentinnen und -studenten aus Liechtenstein absolvieren derzeit rund 70% ihr Studium an einer schweizerischen Universität oder Fachhochschule; rund 15% studieren an einer österreichischen Hochschule.
Der Bereich der Höheren Berufsbildung wird durch die massgeblichen Bestimmungen des Berufsbildungsgesetzes im Grundsatz geregelt. Sie beinhaltet Ausbildungsgänge der höheren Fachschulen sowie (Höhere) Berufsprüfungen. Die Zulassung erfolgt über eine abgeschlossene Berufsausbildung (s.oben). Liechtenstein verfügt nicht über Bildungseinrichtungen dieser Art. Studierende aus Liechtenstein besuchen hierfür Bildungseinrichtungen in der Schweiz und in Österreich. Liechtenstein ist aber Mitträger des grenznahen schweizerischen Berufs- und Weiterbildungszentrums Buchs (BzB) und beteiligt sich des weiteren über die Teilnahme an den Interkantonalen Finanzierungsvereinbarungen an den Kosten der Höheren Berufsbildung.
Allgemeine und berufliche Weiterbildung
Die Erwachsenenbildung steht primär in der Verantwortung des Einzelnen und findet ausserhalb des formalen, staatlich geregelten Bildungssystems statt. Sie gliedert sich in die allgemeine Erwachsenenbildung und in die berufliche Weiterbildung. Die allgemeine Erwachsenenbildung ist in praktischer sowie gesetzlicher Hinsicht von der beruflichen und schulischen Weiterbildung getrennt. Sie wird dem nicht-formalen Bildungsbereich zugeordnet, der in sich selbst gut strukturiert und organisiert ist. Die staatliche Förderung der musischen, künstlerischen und sportlichen Erziehung im Sinne eines ganzheitlichen Bildungsauftrags erfolgt an speziellen öffentlichen Einrichtungen (Liechtensteinische Musikschule, Kunstschule Liechtenstein und Sportschule Liechtenstein). Letztere wird in enger Zusammenarbeit mit den Verbänden organisiert, die in Liechtenstein eine wichtige Rolle spielen. Die Sportschule ist im Regelunterricht der Sekundarstufe integriert. Die Musikschule und die Kunstschule funktionieren als öffentlich-rechtliche Stiftungen sehr eigenständig.
Referenzen: