Nach der Unabhängigkeitserklärung im Oktober 1830 wurde Belgien 1831 als konstitutionelle parlamentarische Monarchie gegründet.
Die erste Verfassung sah einen Einheitsstaat vor: Politische Entscheidungen wurden auf das Prinzip einer einheitlichen Gesetzgebung und zentralen Regierung getroffen. Gewisse Befugnisse wurden sehr früh den untergeordneten Körperschaften übertragen: den Provinzen und den lokalen Behörden, den Gemeinden, deren Wirken der Aufsicht des Zentralstaates unterstand.
Sehr schnell entstand die flämische Bewegung (1840), eine kulturelle Bewegung, die die Anerkennung der flämischen Sprache und Kultur anstrebte. Das Ziel dieser politischen Bewegung war, die Zweisprachigkeit in Belgien einzuführen. In der Tat war das junge Land offiziell einsprachig: Französisch war die einzige Amtssprache. Nicht nur die Wallonen, sondern auch das flämische Großbürgertum war französischsprachig, Flämisch wurde als Dialekt betrachtet.
Einige Jahrzehnte später entstand die wallonische Bewegung (1880). Diese hatte wirtschaftliche Forderungen: Die Schwerindustrie, die Belgien zu einer führenden Wirtschaftsmacht in Europa machte, stand in der Wallonie. Der größere Anteil der Wählerschaft waren aber die Flamen: Die Mehrheit der politischen Entscheidungsträger kam also aus dem flämischen Großbürgertum. Die wallonische Bewegung forderte eine erweiterte Autonomie des Gebiets, um die Schwerindustrie und somit die wirtschaftliche Entwicklung selbst verwalten zu können.
Als Konsequenz des Ersten Weltkrieges kamen die beiden deutschen Kreise Eupen-Malmedy 1920 an Belgien. Die neun deutschsprachigen Gemeinden des Gebiets bilden heute die Deutschsprachige Gemeinschaft.
Die kulturellen Forderungen der flämischen Bewegung mündeten schließlich 1962 in die Festlegung der Sprachengrenzen bzw. von vier Sprachgebieten:
- dem Gebiet flämischer Sprache,
- dem Gebiet französischer Sprache,
- dem Gebiet deutscher Sprache und
- dem zweisprachigen Gebiet Brüssel-Hauptstadt (Französisch / Niederländisch).
Für die Sprachgebiete wurde das Prinzip der territorialen Einsprachigkeit (mit Ausnahme für Brüssel und einige Sonderfälle) festgelegt.
Diese Sprachgebiete bildeten die Basis der (Kultur-) Gemeinschaften, die im Föderalisierungsprozess (1970) entstanden.
Die Forderungen der wallonischen Bewegung führten im Föderalisierungsprozess zur Gründung der Regionen.
1993 wurde die Verfassung abgeändert und beginnt seitdem mit dem Paragraphen: „Belgien ist ein Föderalstaat, der sich aus den Gemeinschaften und den Regionen zusammensetzt“. Der einstige Einheitsstaat ist somit Geschichte.
Die drei Gemeinschaften:
- Französische Gemeinschaft,
- Flämische Gemeinschaft,
- Deutschsprachige Gemeinschaft
sind zuständig für die personenbezogenen Kompetenzen:
- Kultur,
- Unterrichtswesen,
- Gesundheit,
- Soziales.
Die drei Regionen:
- Flämische Region,
- Wallonische Region,
- Region Brüssel Hauptstadt
sind zuständig für gebietsbezogene Kompetenzen:
- Wirtschaft,
- Raumordnung,
- Wohnungsbau,
- Umwelt,
- Energie,
- Landwirtschaft.
Das Gebiet der vergleichsweise kleinen Deutschsprachigen Gemeinschaft (846,1 km² , 77.185 Einwohner, 91,2 Einwohner/km² am 1. Januar 2018) im Osten des Landes umfasst das Territorium der neun deutschsprachigen Gemeinden, ist aber gleichzeitig selber ein Teil des Gebietes der Wallonischen Region.
Belgien ist ein Gründungsmitglied der Europäischen Union.