2022
Die „Gesamtvision – Bildung zukunftsfähig gestalten“ schafft die Grundlagen für ein nachhaltiges und gerechtes Bildungssystem in Ostbelgien. Ziel aller Bestrebungen ist es, sowohl die beruflichen Rahmenbedingungen der Lehrer zu verbessern als auch die Bildungschancen der jungen Generation zu fördern. Im Dialog mit den regionalen Bildungsakteuren und den Bürgern sowie mit Unterstützung externer Experten werden zurzeit die Weichen für die Zukunft der Bildungsregion Ostbelgien gestellt.
Im Rahmen einer intensiven Diagnose wurden in den letzten Monaten die aktuellen und zukünftigen Handlungsfelder des Bildungssystems in Ostbelgien identifiziert. Darauf aufbauend werden entsprechende Lösungsstrategien entwickelt. Alle Erkenntnisse fließen in einen Umsetzungsplan ein, der die Perspektiven bis 2030 und darüber hinaus aufzeigen wird.
Eine breit angelegte Online-Umfrage und mehrere Diskussionsforen haben 2020 ein umfassendes Meinungsbild zu den aktuellen Stärken und Herausforderungen des Bildungssystems in Ostbelgien ergeben. Rund 3.800 interessierte Bürger und Bildungsakteure haben sich aktiv an diesem Dialog beteiligt, was angesichts der Kleinheit Ostbelgiens eine sehr hohe Beteiligung darstellt. Einzelne Reform- und Pilotprojekte sind daraufhin verstärkt, fortgesetzt oder auf den Weg gebracht worden.
Das erhobene Meinungsbild wurde durch eine Expertensicht von außen ergänzt. Anhand objektiver internationaler Vergleichsdaten hat ein interdisziplinäres Team der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)analysiert, wie effektiv, effizient und chancengleich das Schulsystem in Ostbelgien ist. Die Analysten der OECD haben auch geprüft, welche erfolgreichen Lösungsstrategien aus anderen Bildungssystemen auf Ostbelgien übertragbar sind. Die coronabedingten Entwicklungen sowie Ergebnisse früherer Arbeitsgruppen zu einer Reform des Dienstrechts sind ebenfalls in die Analyse eingeflossen. Der Ergebnisbericht wird im März 2022 vorgelegt.
Auf der Grundlage des OECD Berichts und der Rückmeldungen der verschiedenen Bildungsakteure (Partizipationsforen, Online-Umfrage) wird im Laufe des Jahres 2022 eine Vision entwickelt und mit den Akteuren konzertiert. Auf der Grundlage dieser Vision sollen anschließend konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der Bildungsstrategie abgeleitet werden. Der Masterplan soll bis 2024 vorliegen.
Der Lehrersberuf stärken
Unbefristete Verträge für Lehrkräfte ab Dienstantritt
Angesichts der europäischen Prioritäten, die Qualität und Sicherheit des Lehrerberufs zu gewährleisten, arbeitet auch die Deutschsprachige Gemeinschaft intensiv an der Verbesserung der Qualität ihrer Lehrer und Ausbilder. So auch mit dem Dekret " sammeldekret ", das neue Reformen im Bildungs- und Ausbildungswesen vorstellt: ab dem kommenden Schuljahr erhalten Lehrer einen unbefristeten Arbeitsvertrag ab Dienstbeginn, sofern sie den erforderlichen Titel besitzen und für mindestens ein Schuljahr eingestellt werden. Eine solche Maßnahme gibt es bisher nirgendwo in Belgien, auch weil sie mit zeitraubenden Änderungen von Gesetzestexten verbunden ist. Mit den unbefristeten Verträgen ab Dienstantritt läuten wir einen Paradigmenwechsel ein, der sich positiv auf die Stabilität der Teams in unseren Schulen auswirken und damit Schulentwicklungsprozesse erleichtern wird. Zudem wird sich der Rekrutierungsaufwand verringern, da sich alle, die titelmäßig in Ordnung sind, nicht mehr neu bewerben müssen, so dass auch die Schulleitungen und Träger entlastet werden und der bürokratische Aufwand sinkt. Nicht zuletzt ist dies eine Maßnahme zur Bekämpfung des Lehrermangels. Natürlich betrifft diese Maßnahme nicht nur die Berufsanfänger, sondern auch diejenigen, die bereits im Lehrerberuf tätig sind. Für Quereinsteiger ist der Erwerb einer Lehrbefähigung jedoch eine Voraussetzung, um in Zukunft einen unbefristeten Vertrag ab Dienstbeginn zu erhalten. In der Zwischenzeit wird eine Analyse durchgeführt, um diese komplexe und umfangreiche Maßnahme zu bewerten und zu überwachen.
Quereinsteiger : Laufbahnwechsler Es gibt Maßnahmen, die die Einführung von Quereinsteigern begünstigen und fördern.
- Mentoring für neue Lehrer und Quereinsteiger Die Deutschsprachige Gemeinschaft möchte neuen Lehrern und Quereinsteigern den Einstieg in den Lehrerberuf erleichtern. Zu diesem Zweck wird im September 2022 die Pilotphase eines Mentoring-Programms an Grund- und Sekundarschulen beginnen. Mentoring ist ein bewährtes Personalentwicklungsinstrument, um neue Lehrkräfte in den laufenden Schulentwicklungsprozess einzubinden und sie bestmöglich zu integrieren. Jeder neuen Lehrkraft wird für die Dauer eines Schuljahres ein Mentor zugewiesen. Der Mentor fungiert als Berater und Wegweiser. Er/sie gibt sein/ihr berufliches Wissen und seine/ihre Erfahrung an den/die Neuling/in weiter. Der Mentor hilft den Neulingen, mit den Anforderungen der Schule besser zurechtzukommen und sich so gut wie möglich in den Schulalltag zu integrieren. Die Ziele des Mentoring und der Unterstützung neuer Lehrer sind: * Von Anfang an professionelles Verhalten zu entwickeln * die Entwicklung sinnvoller Routinen zu unterstützen * eine langfristige Motivation zu erhalten * in Krisensituationen zu stabilisieren und zu stärken * Geeignete Schulprojekte im Sinne der Nutzung des innovativen Potenzials für die Schul- und Unterrichtsentwicklung anzustreben
Die Deutschsprachige Gemeinschaft arbeitet auch an weiteren Maßnahmen wie: Die Reform des Beurteilungs- und Bewertungssystems im Bildungswesen, die Erhöhung der Einstiegsgehälter um 10%, die Erhöhung der Schulleitergehälter und die Schaffung und Modernisierung von Funktionen wie Mittlere Führungskräfte, Werkstattleiter, Direktionssekretäre oder Erzieherassistenten übernommen.
2021
Anpassung der Funktionssubventionen im subventionierten Sekundarschulwesen
Inkrafttreten: 1. September 2021
Die Funktionssubventionen für das freie subventionierte Regelsekundarschulwesen und den Teilzeitunterricht werden um 15 % erhöht.
Zudem wird die Möglichkeit geschaffen, dass der Schulträger 10% der Funktionssubventionen, die seinen Schulen gewährt wurden, einfordern kann, um diese auf die Schulen in seiner Trägerschaft, die den größten finanziellen Bedarf haben, umzuverteilen. Durch die Solidarität zwischen den Schulen soll gewährleistet werden, dass alle Schulen des freien Trägers unter möglichst günstigen materiellen Voraussetzungen einen qualitativ hochwertigen und zeitangepassten Unterricht erteilen können.
Beschäftigungsbedingungen der Lehrkräfte im Elementar- und Schulbildungsbereich“: das Amt des IT-Beauftragten
Zwecks Stärkung der Medienpädagogik wird in den Regel- und Fördersekundarschulen das Amt eines IT-Beauftragten geschaffen. Jede Regel- und Fördersekundarschule darf ab dem Schuljahr 2021-2022 eine Vollzeitstelle in diesem Amt organisieren.
Personal im Bildungswesen, zuständig für Unterstützungs- und Beratungsangebote im Elementar- und Schulbildungsbereich“: Umwandlung des Berufsgeheimnisses in eine Diskretionspflicht
Um den Informationsfluss zwischen Kaleido Ostbelgien, Personalmitgliedern der Time Out-Einrichtung, den förderpädagogischen Beratern in einer Fördergrund- und - sekundarschule, sowie den Schulinspektoren und Schulberaterin für Inklusion und Integration einerseits und den anderen Personalmitgliedern des Unterrichtswesen und der ZAWM andererseits zu erleichtern, wird die Geheimhaltungspflicht eingeführt.
Fortan muss das Berufsgeheimnis, dem bspw. der Kaleido-Mitarbeiter untersteht, nicht mehr mit dem Personalmitglied, welches der Diskretionspflicht untersteht, geteilt werden.
Für das Personalmitglied, für das in der Ausübung seiner Tätigkeit das Berufsgeheimnis Anwendung findet, wird ein „Rederecht“ eingeführt, welches es dem Personalmitglied ermöglicht, sich im Sinne der Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen mit einem Personalmitglied, welches der Diskretionspflicht untersteht, auszutauschen. Die Geheimhaltungspflicht, die das Rederecht ermöglicht, ergibt sich aus dem bestehenden Berufsgeheimnis und bestätigt dieses.
2020
Das Dekret vom 22. Juni 2020 über Maßnahmen im Unterrichtswesen 2020 hat zahlreiche Neuerungen im Unterrichtswesen eingeführt. Die wichtigsten werden nachfolgend kurz erläutert.
Schulpflicht ab 5 Jahre
Durch die Herabsenkung der Schulpflicht auf fünf Jahre besuchen fortan schulpflichtige Kinder den Kindergarten sowohl der Regel- als auch der Förderschule. Der Besuch der Primarschule – ebenfalls sowohl im Regel- als auch im Förderschulunterricht - wird durch die Vollendung des sechsten Lebensjahres definiert. Durch die Herabsenkung der Schulpflicht auf fünf Jahre wird auch die Möglichkeit des Hausunterrichts auf die Fünfjährigen ausgeweitet. Die im Kindergarten zu erreichenden Entwicklungsziele gelten in diesen Fällen auch für den Hausunterricht. Diese sind in dem für den Hausunterricht zu erstellenden individuellen Arbeitsplan aufzugreifen.
Entlassung von Personalmitgliedern infolge negativer Bewertungen
Bisher wurde ein definitiv ernanntes bzw. eingestelltes Personalmitglied von Amts wegen entlassen, wenn es in zwei aufeinanderfolgenden Schuljahren einen Bewertungsbericht mit dem Vermerk „ungenügend“ erhielt. Ein auf unbestimmte Dauer bezeichnetes bzw. eingestelltes Personalmitglied wurde von Amts wegen entlassen, wenn es einen Beurteilungsbericht mit dem Vermerk „ungenügend“ erhielt und bereits im vorhergehenden Schuljahr einen Bericht mit dem Vermerk „mangelhaft“ oder „ungenügend“ erhalten hatte. Aus Gründen der Qualitätssicherung wurde diese Regelung nun auch auf die definitiven Personalmitglieder angewandt, sodass sowohl ein auf unbestimmte Dauer bezeichnetes bzw. eingestelltes als auch ein definitiv ernanntes bzw. eingestelltes Personalmitglied künftig entlassen wird, wenn es einen Beurteilungs- oder Bewertungsbericht mit dem Vermerk „ungenügend“ erhält, nachdem es im vorhergehenden Schuljahr bereits einen Beurteilungs- oder Bewertungsbericht mit dem Vermerk „ungenügend“ oder „mangelhaft“ erhalten hat. Wird ein Vermerk „ungenügend“ oder „mangelhaft“ vergeben, erfolgt im darauffolgenden Jahr automatisch eine neue Beurteilung bzw. Bewertung.
Anpassung der Zugangsbedingungen zum Amt des Grundschulleiters
Da es sich im Grundschulbereich zunehmend schwierig gestaltet, Bewerber für die Tätigkeit des Schulleiters zu gewinnen, werden die Zugangsbedingungen zum Amt des Grundschulleiters dahingehend gelockert, dass künftig alle Personen, die mindestens über ein Diplom des Hochschulwesens des ersten Grades (Graduat/Bachelor) verfügen, für das Amt in Frage kommen. Allerdings müssen fortan Personen, die das Amt des Grundschulleiters bekleiden und nicht über eine pädagogische Ausbildung verfügen, ein zusätzliches Modul im Rahmen der Fachausbildung zum Schulleiter absolvieren, damit sie auch in der Lage sind, mit dem entsprechenden Hintergrundwissen Unterrichtsentwicklung zu betreiben. Das gleiche Erfordernis wurde für Sekundarschulleiter ohne pädagogische Ausbildung eingeführt.
Das pädagogische Modul umfasst folgende Themenfelder:
Elementare Kenntnisse in Bezug auf das Bildungssystem in der Deutschsprachigen
Gemeinschaft
Besonderheiten der Organisation Schule
Allgemeine Didaktik
Grundschuldidaktik (für Grundschulleiter) // Sekundarschul- bzw. Fachdidaktik (für Sekundarschulleiter)
Schulärtzliche Untersuchungen der im Hausunterricht eingeschriebenen Kinder und Jugendlichen
Die Kinder und Jugendlichen, die im Hausunterricht beschult werden, sind jedoch aktuell von dieser Verpflichtung ausgenommen. Dies stellt einerseits eine Ungleichbehandlung dar und hindert Kaleido andererseits daran, seinem dekretal festgelegten Auftrag bei diesen Kindern und Jugendlichen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft nachzukommen. Die schulärztliche Untersuchung sollte im Sinne der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung aller Schüler unabhängig von der Unterrichtsform, für die die Erziehungsberechtigten sich entschieden haben, durchgeführt werden. Daher wird die schulärtzliche Untersuchung verpflichtend für die im Hausunterricht beschulten Kinder und Jugendlichen ab sechs Jahren eingeführt.