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Lehren und Lernen im allgemeinbildenden Sekundarbereich

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6.Sekundarbildung und postsekundärer, nicht-tertiärer Bereich

6.2Lehren und Lernen im allgemeinbildenden Sekundarbereich

Last update: 28 December 2020

Lehrpläne, Fächer und Stundentafel

Stufen

Die Grundstruktur des Vollzeitsekundarunterrichts wird im Grundlagendekret vom 31. August 1998 festgelegt. Demnach umfassen alle Sekundarschulen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft (DG) drei Stufen von jeweils zwei Jahren:

  • 1. Stufe: Beobachtungsstufe (1. und 2. Sekundarschuljahr; 7. und 8. Jahrgangsstufe)
  • 2. Stufe: Orientierungsstufe (3. und 4. Sekundarschuljahr; 9. und 10. Jahrgangsstufe)
  • 3. Stufe: Bestimmungsstufe (5. und 6. Sekundarschuljahr; 11. und 12. Jahrgangsstufe)

Die 1. Stufe wird als Sekundarunterstufe betrachtet, die 2. und 3. Stufe als Sekundaroberstufe (in gehaltstechnischen Fragen gilt eine andere Einteilung, s. unten). In der Sekundaroberstufe gibt es drei Unterrichtsformen:

  • den allgemeinbildenden Unterricht,
  • den technischen Unterricht,
  • den berufsbildenden Unterricht.

Die 3. Stufe des berufsbildenden Unterricht kann drei Jahre umfassen. Durch dieses fakultative 7. Sekundarschuljahr wird ermöglicht, auch in dieser Unterrichtsform ein vollwertiges Abschlusszeugnis der Oberstufe des Sekundarunterrichts zu erlangen, das den Zugang zu Hochschulstudien ermöglicht. Dieses Abschlusszeugnis wird im berufsbildenden Unterricht nicht wie in den anderen Unterrichtsformen nach dem 6. Jahr vergeben.

Ein Wechsel von einer Studienrichtung in die andere ist zu bestimmten Zeitpunkten und unter bestimmten Bedingungen möglich.

Die frühere Einteilung der Sekundarschule in Unterstufe (die drei ersten Jahre) und Oberstufe (die drei, bzw. vier letzten Jahre) ist heute für die Schulstruktur irrelevant; sie ist allerdings noch (bis zur geplanten Abänderung gewisser gesetzlicher Bestimmungen älteren Datums) in anderen Bereichen von Bedeutung (z.B. Lehrbefähigungsbestimmungen, Gehaltsfragen). Auch wird vorläufig noch nach erfolgreichem Abschluss des 3. allgemeinbildenden beziehungsweise des 4. berufsbildenden Sekundarschuljahres das Abschlusszeugnis der Unterstufe des Sekundarunterrichts ausgehändigt.

Teilzeitunterricht im Schulmilieu gibt es nur an den zwei Sekundarschulen, die hauptsächlich Studienangebote im technischen und berufsbildenden Unterricht anbieten. Schüler der Sekundarschule brauchen die Schule nicht zu wechseln, außer wenn sie ein Studienangebot finden möchten, das in ihrer Sekundarschule nicht angeboten wird (Wahlfächerkombination oder gewisse spezialisierte Abteilungen im technischen oder berufsbildenden Unterricht).

Für den Vollzeitsekundarunterricht ist neben dem Königlichen Erlass vom 29. Juni 1984 über die Organisation des Sekundarunterrichts das Dekret vom 5. Juni 1990 zur Festlegung der Anzahl Unterrichtsstunden/Lehrperson im Vollzeitunterricht von wesentlicher Bedeutung. In diesem Dekret ist festgelegt, wie das Stundenkapital einer Sekundarschule auf der Grundlage der Schülerzahlen errechnet wird. Dieses Stundenkapital ermöglicht es den Schulen, ihr Studienangebot zu machen, die erforderlichen Lehrerstellen zu berechnen und das Lehrpersonal einzustellen. Konkret bedeutet dies, dass jeder Schüler einer Schule mit einem bestimmten Koeffizienten versehen ist, der von der jeweils besuchten Stufe und Unterrichtsform abhängig ist, und dass die Multiplikation Anzahl Schüler x Koeffizient geteilt durch einen entsprechenden Verwaltungsdivisor die Anzahl Vollzeitstellen ergibt, auf die eine Schule während eines bestimmten Schuljahres Anrecht hat. Der o.e. Verwaltungsdivisor ist je nach Schulebene verschieden (Unterstufe: 22 und Oberstufe : 20) und entspricht der Zahl der Unterrichtsstunden, die ein Lehrer für allgemeinbildende Fächer erteilen muss, um einen vollen Stundenplan zu haben.

Das Bildungsziel aller Sekundarschulen ist die Vermittlung von Kompetenzen. Die Schule hat den Auftrag, allen Schülern zu ermöglichen, sich ein Maximum an Kompetenzen anzueignen und sie zum Erwerb der Kernkompetenzen und Kompetenzerwartungen zu führen.

Erste Stufe (Beobachtungsstufe)

Die erste Stufe, auch Beobachtungsstufe genannt, umfasst die beiden ersten Sekundarschuljahre und verfolgt im Besonderen das Ziel, allen Schülern eine breitgefächerte Grundbildung zu gewährleisten. In dieser Stufe können die Lehrer die Schüler beobachten, um ihre besonderen Fähigkeiten zu entdecken und zu fördern. Die Beobachtungsstufe soll zu einer bestmöglichen Orientierung der Schüler in der zweiten Stufe, der Orientierungsstufe führen. Da verschiedene Schüler jedoch schon zu Beginn besondere Defizite in gewissen Bereichen aufweisen, ist es angebracht, sie in einer differenzierten ersten Stufe aufzunehmen, um sie besser und gezielter fördern zu können. Demnach unterscheidet man in der ersten Stufe zum Ersten das 1.A-Jahr und das 2. gemeinsame Jahr und zum Zweiten die differenzierte 1. Stufe mit dem 1.B-Jahr (auch Anpassungsklasse genannt) und dem 2.B-Jahr.

Das 1. A-Jahr und das 2. gemeinsame Jahr

Hauptziel in dieser Stufe ist es, möglichst alle Schüler dazu zu bringen, dass sie nach zwei Jahren die Kompetenzerwartungen, die für diese Stufe im Dekret vom 16. Juni 2008 beschrieben und für alle Schulen in der DG als verbindlich anzustrebende Mindestanforderungen festgelegt worden sind, auch effektiv erreichen.

Ein weiteres Erziehungsziel für die erste Stufe ist es - neben der Arbeit an Kompetenzen - auch überfachliche Kompetenzen anzustreben. Dazu sagt Artikel 13 des Grundlagendekretes u.a.: "In der schulischen Bildung und Ausbildung sind die Erziehung zu eigenverantwortlichem und selbstständigem Lernen und die Förderung der Leistungsbereitschaft wichtige Voraussetzungen, die zum lebenslangen Lernen befähigen."

Die differenzierte 1. Stufe : Das 1. B-Jahr und das 2. B-Jahr

Die Schüler des 1. B-Jahres (auch Anpassungsklasse genannt) und des 2. B-Jahres haben meistens größere Defizite in der allgemeinen Beherrschung der Kulturtechniken, kommen oft auch aus einem sozial benachteiligten Milieu und haben in ihrer Primarschulzeit häufig die Schule als etwas Negatives, Bedrückendes erfahren. Es ist daher das Ziel, aus diesen beiden Klassen eine differenzierte erste Stufe zu entwickeln, in der eine andere Pädagogik zum Tragen kommt, mit deren Hilfe diese Schüler sich wieder mit der Schule versöhnen können, endlich wieder Erfolgserlebnisse erfahren, die Kulturtechniken des Lesens, Schreibens, Sprechens und Rechnens verbessern, Teamgeist entwickeln und durch interessante Aufgabenstellungen zur Anstrengung und Arbeit motiviert werden können.

Durch diese differenzierte Arbeit sollen die Voraussetzungen geschaffen werden, die erforderlich sind, um nach zwei Jahren in eine Studienrichtung des technischen oder des berufsbildenden Unterricht einsteigen zu können.

Zweite Stufe (Orientierungsstufe) + Dritte Stufe (Bestimmungsstufe)

Nach Abschluss der ersten Stufe, also zu Beginn des 3. Sekundarschuljahres, entscheidet sich der Schüler frei (insofern das Stufenzeugnis der ersten Stufe und die damit verbundene Orientierungsbescheinigung gewisse Optionen nicht ausschließt) für eine Studienrichtung in einer der drei folgenden Unterrichtsformen: allgemeinbildender Unterricht, technischer Unterricht oder berufsbildender Unterricht.

In allen drei Unterrichtsformen umfasst die zweite Stufe (Orientierungsstufe) das 3. und das 4. Sekundarschuljahr und die dritte Stufe (Bestimmungsstufe) das 5. und das 6. Sekundarschuljahr. Im berufsbildenden Unterricht kann in der dritten Stufe ein 7. Jahr hinzugefügt werden, wodurch auch in dieser Unterrichtsform die Hochschulreife erworben werden kann.

Die verschiedenen Studienrichtungen der drei Unterrichtsformen lassen sich formal auch nach einem anderen Kriterium, der eigentlichen Zielrichtung, unterscheiden.

Demzufolge gibt es dann zwei Bildungswege: den Übergangsunterricht und den Befähigungsunterricht.

  • Zum Übergangsunterricht gehören alle Studienrichtungen des allgemeinbildenden Unterrichts und einige wenige Studienrichtungen des technischen Unterrichts;
  • Zum Befähigungsunterricht gehören die meisten Studienrichtungen des technischen Unterrichts und alle Studienrichtungen des berufsbildenden Unterrichts.

Die Studienrichtungen des Übergangsunterrichts verfolgen hauptsächlich das Ziel, die Jugendlichen auf das Hochschulstudium vorzubereiten, bieten jedoch auch die Möglichkeit, mit einem Abschlusszeugnis der Unterstufe des Sekundarunterrichts (das in Folge des Grundlagendekrets vom 31. August 1998 demnächst abgeschafft werden wird) oder mit einem Abschlusszeugnis der Oberstufe des Sekundarunterrichts ins aktive Berufsleben einzutreten.

Die Studienrichtungen oder Abteilungen des Befähigungsunterrichts streben in erster Linie durch die Vergabe eines Befähigungsnachweises nach vierjähriger Ausbildung den Zugang zum aktiven Berufsleben an, lassen aber die Möglichkeit zu, Hochschulstudien in Angriff zu nehmen (im berufsbildenden Unterricht erst nach einem erfolgreich abgeschlossenen 7. Jahr).

Rahmenpläne und Lehrpläne

Der Rahmenplan, erarbeitet vom Ministerium der DG, ist Hauptinstrument für die Planung, Durchführung und Evaluation des Unterrichts in allen Schulen,  auf allen Stufen und in den einzelnen Fachbereichen bzw.  Fächern. Er enthält die von den Schülern zu erreichenden Ziele (Kompetenzerwartungen), die wesentlichen Kompetenzen (Kernkompetenzen) und Inhaltskontexte, aufgeschlüsselt auf die Stufen, und leistet Hilfestellung bei der didaktisch-methodischen Umsetzung. Der Rahmenplan bildet die Grundlage für die Konkretisierung in Lehrplänen der Unterrichtsnetze bzw. in schulinternen Plänen durch Lehrerteams. Die Lehrer sind in ihrer Unterrichtsarbeit verpflichtet, ihre pädagogische Arbeit auf der Grundlage des Rahmenplans zu verrichten. 

Die Rahmenpläne für die Unterstufe der Sekundarstufe wurden am 16. Juni 2008 für folgende Fächer verabschiedet:

Am 29. April 2013 wurden die Rahmenpläne des allgemeinbildenden Unterrichtes für die zweite und dritte Stufe der Sekundarstufe für folgende Fächer verabschiedet, die am 1. September 2013 (Implementierungsphase bis zum Schuljahr 2015-2016) in Kraft traten:

Die Lehrpläne für die Fächer Religion und nicht konfessionelle Sittenlehre werden von den zuständigen Kultusträgern dem Ministerium zur Anerkennung vorgelegt.

Fächer 

Pflichtfächer in den ersten drei Jahren des allgemeinbildenden Sekundarunterricht, d.h. bis zum Ende der Vollzeitschulfpflicht, sind: Muttersprache, Mathematik, Naturwissenschaften, Sozialwissenschaften, erste Fremdsprache, Sport, Kunst, Religion/nicht konfessionelle Sittenlehre.

Bis auf einige Ausnahmen (Sprachen und Religion/Moral), auf die noch vertieft eingegangen wird, entscheiden die Schulträger über die Auswahl und Anzahl Stunden der einzelnen Fächer. Dabei ist die Schule verpflichtet, Wahlfächer anzubieten.

Sprachenunterricht

Das Dekret vom 19. April 2004 über die Vermittlung und den Gebrauch der Sprachen im Unterrichtswesen legte fest, dass Deutsch die Unterrichtssprache ist, wobei in der Sekundarschule bis zu max. 50% des Sachunterrichts (alle Fächer mit Ausnahme der modernen Sprachen) in der ersten Fremdsprache Französisch erteilt werden können. Ausgenommen ist die erste Stufe des Sekundarunterrichts, in der dieser Prozentsatz auf 65% steigen darf, unter der Bedingung, dass in den betreffenden Schulen in dieser Stufe der Unterricht so organisiert wird, dass ein Schüler zwischen diesem Unterricht und einem Unterricht mit einem Anteil von Sachunterricht in französischer Sprache von höchstens 50% wählen kann.

Im Sekundarschulwesen ist Französisch erste Fremdsprache. Je nach Unterrichtsform und Stufe können im Regelsekundarschulwesen weitere Fremdsprachen unterrichtet werden, die vom Schulträger im Rahmen des Studienprogramms festgelegt werden.

Das Dekret legt zudem fest, dass der zeitliche Umfang des Deutschunterrichts im allgemeinbildenden Sekundarbereich mindestens 4 Unterrichtsstunden (zu je 50 Minuten) und der Umfang des Französischunterrichts ebenfalls mindestens 4 Unterrichtstunden (zu je 50 Minuten) beträgt.

Religionsunterricht / nicht konfessionelle Sittenlehre

In Belgien sind alle öffentlich-rechtlichen Schulen verpflichtet, die Wahl zwischen einem Religionsunterricht und einem konfessionell nicht gebundenen Moralunterricht anzubieten. Die Erziehungsberechtigten entscheiden bei der Einschreibung ihres Kindes in eine Schule des offiziellen Unterrichtswesens, ob das Kind einem Religionsunterricht oder einem Unterricht in nichtkonfessioneller Sittenlehre folgt. Dazu bedarf es einer schriftlichen Erklärung des Erziehungsberechtigten.

Die wöchentliche Stundentafel umfasst in der Sekundarschule zwei Unterrichtsstunden (jeweils zu 50 Minuten) entweder für den Religionsunterricht oder für die nicht konfessionelle Sittenlehre.

Unterrichtsmethoden und Unterrichtsmittel

Das Grundlagendekret vom 31. August 1998 sieht vor, dass jeder Schulträger frei, auf Vorschlag des Pädagogischen Rates, über die didaktischen Grundlagen und pädagogischen Methoden in seinen Schulen entscheiden kann.

Die Rahmenpläne der einzelnen Fächer bieten jedoch Empfehlungen für die methodisch-didaktische Gestaltung des Unterrichts, sogenannte „Empfehlungen für die Qualität der Unterrichtsgestaltung“. Dabei handelt es sich um Hinweise und Vorschläge, die zu den anerkannten Qualitätsansprüchen eines kompetenzorientierten Unterrichts gehören. 

Die Rahmenpläne fordern den Erwerb der Informations- und Medienkompetenz, woraufhin 2013 ein Leitfaden entwickelt wurde, der keinen verbindlichen Charakter für die Schulträger, Schulen und Lehrkräfte hat. Der IMK-Leitfaden orientiert sich an den pädagogisch-didaktischen Grundsätzen der Rahmenpläne und soll den Lehrpersonen als Orientierungshilfe für einen systematisch aufeinander aufbauenden Erwerb der verschiedenen Kompetenzen dienen. Zudem bietet der Leitfaden konkrete Materialien und Handreichungen an, die den Lehrpersonen die Vermittlung der Informations- und Medienkompetenz erleichtert.

Zudem unterstützt die Schulmediothek den Unterrichts- und Erziehungsauftrag der Schule und schafft die Voraussetzungen dafür, dass den Schülern gemäß den Anforderungen der Rahmenpläne und der Lehrpläne Lese- und Informationskompetenz unter optimalen Voraussetzungen vermittelt werden können. In einer Regelsekundarschule, in der eine von der Regierung anerkannte Mediothek besteht, wird eine Vollzeitstelle eines Lehrer-Mediothekars organisiert beziehungsweise subventioniert.

Der Rahmenplan „Schulische Berufswahlvorbereitung und Berufsorientierung“ unterstützt die Lehrkräfte bei der im Grundlagendekret von 1998 formulierten Verpflichtung, die Schüler und ihre Erziehungsberechtigten im Unterricht über Studien, Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten zu informieren und zu beraten.

Die Erarbeitung einer einheitlichen Richtlinie für die Hausaufgabenpraxis in Form eines Leitfadens ist aktuell im Gange und eine Veröffentlichung dieses Leitfadens war für November 2014 geplant.