Politische Lage
Politische Lage in Belgien
Das belgische Wahlsystem obliegt dem Prinzip der verhältnismäßigen Vertretung (Verhältniswahlrecht). Es sorgt für eine sehr stabile Volksvertretung und führt meistens zur Bildung von Mehrparteienregierungen, die zwei oder drei politische Strömungen vertreten. Traditionell gibt es im politischen Kräftespiel Belgiens fünf große politische Richtungen: die sozialistische, die christlich-demokratische, die liberale und die ökologische, eine fünfte Parteiengruppe hat sich mit der Einteilung des Landes in Sprach- und Kulturgemeinschaften in den sechziger und siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts mit sprachpolitischen oder regionalen Zielen gebildet, so beispielweise die frankophone Partei DEFI (démocrate, fédéraliste, indépendant) mit politischen Schwerpunkt in Brüssel, die flämische Partei NVA (Nieuwe Vlaamse Alliantie) oder die Bewegung ProDG, die in der Deutschsprachigen Gemeinschaft eine größtmögliche Eigenständigkeit für das deutsche Sprachgebiet einfordert. Jede dieser politischen Richtungen wird durch eigenständige französischsprachige, niederländischsprachige und deutschsprachige Parteien vertreten; jede von ihnen hat eigene Parteistrukturen. • Die sozialistischen bzw. sozialdemokratischen Parteien sind die Parti Socialiste (PS), die sociaal progressief alternatief (sp.a.) und die Sozialistische Partei (SP) in der Deutschsprachigen Gemeinschaft. • Die christlich-demokratischen Parteien sind der Centre démocrate et humaniste (Cdh), die Christen-Democratisch & Vlaams (CD&V) und die Christlich Soziale Partei (CSP) in der Deutschsprachigen Gemeinschaft. • Die liberalen Parteien sind der Mouvement Réformateur (MR), die Open Vld, und die Partei für Freiheit und Fortschritt (PFF) in der Deutschsprachigen Gemeinschaft, die sich der Mouvement Réformateur (MR)-Bewegung angeschlossen hat. • Die ökologischen Parteien sind Ecolo in der Französischen Gemeinschaft und der Deutschsprachigen Gemeinschaft und Groen in der Flämischen Gemeinschaft. • Neben den vier grossen Parteienfamilien wenden die vorerwähnten Regional-bzw. Sprachenparteien das vielfältige Spektrum an politischen Strömungen in Belgien ab
Politische Lage in der Deutschsprachigen Gemeinschaft
In der Deutschsprachigen Gemeinschaft finden sich die meisten dieser politischen Strömungen wieder. So gibt es die christlich-soziale Partei (CSP), die Partei für Freiheit und Fortschritt (PFF), die sozialistische Partei (SP), die ökologisch orientierte Partei (Ecolo). Ferner ist die autonome Bewegung ProDG in der Deutschsprachigen Gemeinschaft aktiv, wie auch die Bürgerbewegung VIVANT . Die Sitzverteilung für die Legislaturperiode 2019-2024 sieht wie folgt aus: CSP (6), ProDG (6), SP (4), PFF (4), Ecolo (3), Vivant (3). Zurzeit ist der Bildungsminister ein Mitglied der Bewegung ProDG. Ein zentrales Ziel der Bildungspolitik ist die Verstärkung der Chancengerechtigkeit. Dabei ist zu beachten, dass jedes Kind und jeder Jugendliche mit seinen Veranlagungen und Entwicklungsperspektive einzigartig ist. Das Bildungs- und Sozialsystem soll so gestaltet werden, dass kein Kind oder Jugendlicher vernachlässigt, sondern jeder individuell und bestmöglich gefördert wird. Allen Schülern und Auszubildenden soll auf diese Weise geholfen werden, einen Platz in der Gesellschaft zu finden und aus eigener Kraft ihr Leben zu bewältigen.
Wirtschaftliche Lage
Der Anteil der Wirtschaftsbereiche an der Bruttowertschöpfung gibt Aufschluss über die Wirtschaftsstruktur einer Region. Vergleicht man die Wirtschaftsstruktur der Deutschsprachigen Gemeinschaft mit der Walloniens und Belgiens insgesamt, fällt auf, dass das verarbeitende Gewerbe einen relativ hohen Anteil (21,7 %) an der Bruttowertschöpfung innehat (Wallonie und Belgien jeweils 14,4 %). Das verarbeitende Gewerbe ist mit 423,2 Millionen Euro gleichzeitig der Wirtschaftszweig mit der höchsten Bruttowertschöpfung in der Deutschsprachigen Gemeinschaft. In diesem Wirtschaftszweig haben die Herstellung von Elektromaterial, Herstellung von Gummi und Kunststoffen, Metallverarbeitung und das Ernährungsgewerbe einen besonderen Stellenwert inne. An zweiter und dritter Stelle der Wirtschaftszweige stehen Handel und Reparatur bzw. das Grundstücks- und Wohnungswesen. Auf der anderen Seite weist der Tertiärsektor ein vergleichsweise geringeres Gewicht in der Deutschsprachigen Gemeinschaft auf. Am 30. Juni 2017 arbeiteten in der Deutschsprachigen Gemeinschaft 22.685 sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer (einschließlich Beamte), die sich auf 2.226 Betriebssitze verteilten. Am 31. Dezember 2017 zählt die Deutschsprachige Gemeinschaft zudem 6.475 Selbständige und Freiberufler. Aufgrund der Grenzlage zwischen drei Grenzen (Deutschland, Niederlande, Luxemburg und der französischsprachige Teil Belgiens) spielen jedoch die Pendlerbewegungen für die Deutschsprachige Gemeinschaft eine nicht zu unterschätzende Rolle. So sind mehr als 25 % der Beschäftigten Pendler ins Ausland: Besonders die Zahl der in Luxemburg Beschäftigten steigt von Jahr zu Jahr: 2018 waren 4.220 Bewohner des deutschen Sprachgebiets in Luxemburg beschäftigt (2005: 2.550; 2010: 3.194). Einpendler in die Deutschsprachige Gemeinschaft kommen vornehmlich aus dem belgischen Binnenland und vermehrt auch aus Deutschland. Nach diesem Konzept betrachtet, erzielt die Deutschsprachige Gemeinschaft 2017 ein Ergebnis von 77.181 Euro pro Beschäftigtem. Das liegt dann zwar höher als das BIP-pro-Einwohner, aber immer noch deutlich unter dem Landesdurchschnitt von 92.939 Euro.
BIP
Vergleicht man die Wirtschaftskraft verschiedener Gebiete, wird als Maßeinheit oft das BIP pro Einwohner verwendet. In Regionen mit hohem Pendleranteil gibt dieser Indikator allerdings ein verfälschtes Bild wieder, da das in der Region erwirtschaftete BIP nur durch die Einwohnerzahl geteilt wird (obwohl auch die Einpendler es mit erwirtschaftet haben) und andererseits die durch die Auspendler erwirtschaftete Wertschöpfung im Ausland angerechnet wird. Im Fall derDeutschsprachigen Gemeinschaftist das BIP-pro-Einwohner vergleichsweise niedrig, da dieDeutschsprachige Gemeinschafteinen hohen Auspendleranteil aufweist. Ein reelleres Bild der Wertschöpfung in einem Gebiet entsteht daher, wenn man das BIP durch die Anzahl der Beschäftigten vor Ort (ob Einwohner oder Einpendler) teilt. Nach diesem Konzept betrachtet, erzielt dieDeutschsprachige Gemeinschaft2010 ein Ergebnis von 66 049 € pro Beschäftigtem. Das liegt dann zwar höher als das BIP-pro-Einwohner, aber immer noch deutlich unter dem Landesdurchschnitt von 78 903 €.