Europäische, globale und interkulturelle Dimension in der Lehrplanentwicklung Partnerschaften und Netzwerke
In der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens wird eine Lehrerausbildung ausschließlich für die Vorschul- und die Primarschulebene gewährleistet. Demnach betreffen die folgenden Angaben nur die Lehrerausbildung für diese beiden Ebenen. Was die europäische und internationale Dimension in der Ausbildung der Sekundarschullehrer betrifft, die nicht in der DG, sondern in der Regel in den pädagogischen Hochschulen und Universitäten der Französischen Gemeinschaft erfolgt, so lese man dazu die entsprechenden Angaben in der Beschreibung des Bildungssystems dieser Gemeinschaft.
Bei den Vorgesprächen, die im Rahmen der geplanten Zusammenlegung der beiden kleinen pädagogischen Hochschulen in der DG 2003 stattgefunden haben, ist u.a. auch die Notwendigkeit erörtert worden, im zukünftigen Curriculum dem interdisziplinären Aspekt der interkulturellen Erziehung einen besonderen Platz einzuräumen. In der Ausbildung der Primarschullehrer werden die Studenten im Bereich Deutsch und der Didaktik dieses Faches dazu angehalten, vor allem im Literaturunterricht bei der Auswahl von Texten (Märchen, Sagen, Geschichten, Gedichte.) über den Tellerrand zu blicken und Texte aus anderen Kulturen mit einzubeziehen. Auch bearbeiten sie z.B. in der Weihnachtszeit Unterrichtseinheiten wie: Wie wird das Nikolaus- oder Weihnachtsfest in anderen Ländern und Kulturkreisen (Frankreich, England, den Niederlanden, Türkei) gefeiert?
Im Bereich Rechtschreib- und Grammatikdidaktik lernen die Studenten, für die besonderen Schwierigkeiten anderssprachiger Kinder offen zu sein und diese Kinder eventuell durch differenzierte Unterrichtsangebote individuell zu fördern.
Im Bereich Kunsterziehung wird an der Hochschule bedauert, dass man sich seit einigen Jahren aufgrund einer mangelhaften visuellen, graphischen und künstlerischen Vorbildung der meisten belgischen Abiturienten nur noch mit der Vermittlung von Grundlagen beschäftigen kann und dass für Erörterungen über Aspekte der europäischen und internationalen Dimension in der Kunst kaum noch Zeit bleibt. Dennoch wird in der Fachdidaktik, bei den Praxisübungen und in den Praktika regelmäßig auf die kulturelle Standortgebundenheit der herkömmlichen Themenwahl des Faches Kunsterziehung in der Primar- und Vorschule hingewiesen; die Studenten werden dazu angehalten, bei der Themenwahl die europäische und universelle Dimension der Kunst immer wieder in den Vordergrund zu rücken.
Auch die Musikerziehung eignet sich vorzüglich, um der Bildungsarbeit eine internationale Dimension zu verleihen. Die Musik ist im Laufe ihrer Geschichte immer wieder von mannigfaltigen Einflüssen unterschiedlichster Kulturkreise verändert worden. Mehr und mehr werden die Kinder mit multikulturellen Einflüssen konfrontiert, mit denen sie sich direkt auseinandersetzen müssen. Die Medien tragen einen Teil zu dieser Entwicklung bei, aber auch die Begegnungen mit Menschen anderer Kulturkreise, mit denen die Kinder vielleicht die Schulbank teilen. Die Studenten erfahren, wie wichtig es ist, dass die Kinder diese Flut von Eindrücken verarbeiten können. Die Musikerziehung im Kindergarten und vor allem in der Primarschule soll sich darum bemühen, den Kindern neben dem eigenen Erbe auch das Erbe anderer Kulturen näherzubringen. In den letzten Jahren sind immer mehr didaktische Materialien zur multikulturellen Erziehung auf den Markt gekommen. Es werden alle Aspekte der Musikerziehung angesprochen: Die angehenden Lehrer lernen, auf den Orffinstrumenten eine japanische Melodie pentatonisch in Quart-Parallelen zu spielen; sie tanzen auf einer griechischen Melodie einen Sirtaki; sie spielen auf der Blockflöte ein peruanisches Weihnachtslied; sie begleiten auf Perkussionsinstrumenten ein kongolesisches Begrüßungslied; sie singen Lieder aus der ganzen Welt, wenn möglich in der Originalsprache oder in der deutschen Übersetzung; sie hören auch Musik, die sie nicht spielen oder singen können, weil Skalen mit Vierteltönen aus dem vorderen Orient für unsere Instrumente nicht umsetzbar sind. Diese Beispiele aus einer Vielzahl von Möglichkeiten illustrieren die Bandbreite des Machbaren und veranschaulichen die Evidenz des interkulturellen Aspektes in der Musikerziehung.
Neben der kulturellen, internationalen Dimension gibt es aber auch eine wichtige soziale Dimension in der Musikerziehung; die Öffnung zu anderen Kulturen erzieht zu mehr Toleranz: das Anders-sein wird als eine Bereicherung und nicht als Bedrohung erfahren.