Die aus dem Schulpakt hervorgegangenen und auf das Bildungswesen anwendbaren Grundprinzipien wurden in die Verfassung aufgenommen (Artikel 24).
Art. 24 §1 - Das Unterrichtswesen ist frei; jede präventive Maßnahme ist verboten; die Ahndung der Delikte wird nur durch Gesetz oder Dekret geregelt. Die Gemeinschaft gewährleistet die Wahlfreiheit der Eltern. Die Gemeinschaft organisiert ein Unterrichtswesen, das neutral ist. Die Neutralität beinhaltet insbesondere die Achtung der philosophischen, ideologischen oder religiösen Auffassungen der Eltern und Schüler. Die von den öffentlichen Behörden organisierten Schulen bieten bis zum Ende der Schulpflicht die Wahl zwischen dem Unterricht in einer der anerkannten Religionen und demjenigen in nichtkonfessioneller Sittenlehre.
§2 Wenn eine Gemeinschaft als Organisationsträger einem oder mehreren autonomen Organen Befugnisse übertragen will, kann dies nur durch ein mit Zwei-Drittel-Mehrheit der abgegebenen Stimmen angenommenes Dekret erfolgen.
§3 Jeder hat ein Recht auf Unterricht unter Berücksichtigung der Grundfreiheiten und Grundrechte. Der Zugang zum Unterricht ist unentgeltlich bis zum Ende der Schulpflicht. Alle schulpflichtigen Schüler haben zu Lasten der Gemeinschaft ein Recht auf eine moralische oder religiöse Erziehung.
§4 Alle Schüler oder Studenten, Eltern, Personalmitglieder und Unterrichtsanstalten sind vor dem Gesetz oder dem Dekret gleich. Das Gesetz und das Dekret berücksichtigen die objektiven Unterschiede, insbesondere die jedem Organisationsträger eigenen Merkmale, die eine angepasste Behandlung rechtfertigen.
§5 Die Organisation, die Anerkennung oder die Bezuschussung des Unterrichtswesens durch die Gemeinschaft wird durch Gesetz oder Dekret geregelt.
Die Organisation und die Verwaltung des Bildungswesens fallen demzufolge in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinschaften, welche die Befugnis haben, ihre Unterrichtspolitik unabhängig voneinander zu entwickeln. Das Unterrichtswesen wird von der Gemeinschaft organisiert, subventioniert oder lediglich anerkannt.
Um 1989 bei der Übernahme der vollen Zuständigkeit für das Unterrichtswesen durch die Gemeinschaften die Kontinuität des Unterrichtswesens zu gewährleisten, blieb die bestehende nationale Gesetzgebung weiterhin in Kraft, auch wenn sie hier und da an die spezifischen Bedürfnisse der jeweiligen Gemeinschaft angepasst wurde. Wenn die beiden großen Gemeinschaften des Landes dank ihrer bereits seit längerem bestehenden eigenen Verwaltungsstrukturen sehr bald schon einige wichtige Veränderungen in Angriff nehmen konnten, so bedurfte es dafür in der Deutschsprachigen Gemeinschaft etwas mehr Zeit, da es zunächst galt, eine eigene Unterrichtsverwaltung aufzubauen. 1998 begann die Regierung mit der Ausarbeitung eines Zeitrahmens und grundlegender Dekrete für eine Reform des Grundschul-, Sekundar- und Hochschulwesens