Das Unterrichtssystem
Der Regelvollzeitunterricht
Das Vollzeit-Unterrichtssystem setzt sich aus vier Bildungsebenen zusammen:
- Der Kindergarten richtet sich an die Kinder von 3 bis 5 Jahren (6 Jahren im Bedarfsfall).
- Die Primarschule besuchen die Schüler, die in der Regel 6 bis 11 Jahre alt sind. (Manche Schüler haben allerdings ein oder im Ausnahmefall zwei Jahre Rückstand). Diese beiden Ebenen - Vorschule und Primarschule - bilden die Grundschule.
- Die Sekundarschule richtet sich an die Jugendlichen von 12 bis 18 Jahren (und mehr). Der Sekundarunterricht besteht aus drei Stufen von jeweils zwei Schuljahren: die Beobachtungsstufe, die Orientierungsstufe und die Bestimmungsstufe. Drei Unterrichtsformen stehen ab der zweiten Stufe zur Wahl: der allgemeinbildende Unterricht, der technische Unterricht und der berufsbildende Unterricht. Im berufsbildenden Unterricht kann die 3. Stufe ein 3. Jahr umfassen. In jeder Unterrichtsform gibt es verschiedene Studienrichtungen. Studienrichtungen, die primär darauf abzielen, den Schüler optimal auf ein Hochschulstudium vorzubereiten, kann man (formal) beim sogenannten Übergangsunterricht ansiedeln: dazu gehören alle Studienrichtungen des allgemeinbildenden Unterrichts und einige wenige Studienrichtungen des technischen Unterrichts. Studienrichtungen, die primär darauf abzielen, den Schüler optimal auf den Eintritt ins Berufsleben vorzubereiten, kann man (formal) beim sogenannten Befähigungsunterricht ansiedeln. Dazu gehören die meisten Studienrichtungen des technischen Unterrichts und alle Studienrichtungen des berufsbildenden Unterrichts. Nach dem 6. Sekundarschuljahr oder nach Zulassungsprüfungen können Jugendliche ab 18 Jahren im ergänzenden berufsbildenden Unterricht eine dreijährige post-sekundare Ausbildung in der Krankenpflege erhalten.
- Die Hochschule: In der Deutschsprachigen Gemeinschaft gab es bis zum Studienjahr 2004-2005 drei nicht-universitäre Hochschulen kurzer Dauer: zwei Pädagogische Hochschulen, sowie eine Hochschule für die Ausbildung von Krankenpflegern und Krankenpflegerinnen. Seit dem 1. Juli 2005 sind diese drei Hochschuleinrichtungen zunächst aufgelöst und dann in eine zum gleichen Datum neu geschaffene Autonome Hochschule mit neuer öffentlich-rechtlicher Trägerschaft übernommen worden.
Andere Arten von Unterricht
Neben dem Regelvollzeitunterricht gibt es noch verschiedene andere Arten von Unterricht:
- Teilzeitunterricht für Jugendliche ab 15/16 Jahre.
- Lehrvertrag: berufliche Ausbildung in einem Betrieb und in einem Zentrum für Aus- und Weiterbildung des Mittelstands.
- Sonderunterricht für Schüler mit einer Behinderung (von 3 bis 21 Jahren und älter). Das Sonderschulwesen bietet Vor-, Primar- und Sekundarschulunterricht an.
- Schulische Weiterbildung für Jugendliche und Erwachsene, die das Schulsystem verlassen haben und neue Befähigungen erlangen oder ihre Kenntnisse auf den neuesten Stand bringen möchten. Dieser Unterricht wird in der Regel auf Ebene des Sekundarschulunterrichts organisiert, ist allerdings auch schon einmal in einem Spezialbereich der Krankenpflege auf Hochschulebene angeboten worden. Die Institute für schulische Weiterbildung können auch Jugendliche ab 15/16 Jahren einschreiben, die sich nach der Vollzeitschulpflicht für den Teilzeitunterricht entschieden haben.
Entscheidungsmomente für die Schullaufbahn
Die Primarschüler erhalten nach erfolgreichem Abschluss der Grundschule das Abschlusszeugnis der Grundschule. Der Schüler, der dieses Zeugnis nicht erhalten hat, jedoch die 6. Primarschulklasse besucht hat, kann in der Sekundarschule entweder in die erste B-Klasse (auch Anpassungsklasse genannt) oder - aufgrund eines Gutachtens des PMS-Zentrums und mit dem Einverständnis der Eltern - in die erste A-Klasse eingeschrieben werden. Wenn der Schüler die 6. Primarschulklasse nicht besucht hat, jedoch mindestens 12 Jahre alt ist, kann er in die erste B-Klasse eingeschrieben werden. Am Ende der ersten Stufe des Sekundarunterrichts gibt es mehrere Orientierungsmöglichkeiten im schulischen Bereich: Studiengänge im allgemeinbildenden Unterricht, im technischen Unterricht oder im berufsbildenden Unterricht. Die Jugendlichen können sich aber auch für eine berufliche duale Ausbildung in Form einer Lehre entscheiden. Diese Wahl am Ende der ersten, zweijährigen Stufe (Beobachtungsstufe) ist sehr wichtig sowohl für die späteren Studien als auch für das Berufsleben.
Der Jugendliche kann wählen zwischen:
- dem Übergangsunterricht, der sowohl den Zugang zum Hochschulwesen als auch zur Berufswelt ermöglicht und der in folgenden Unterrichtsformen möglich ist: allgemeinbildender Unterricht oder technischer Übergangsunterricht;
- dem Befähigungsunterricht, der für die Schüler bestimmt ist, die am Ende der Sekundarschule einen Beruf ausüben möchten, der jedoch auch die Möglichkeit offen lässt, an einer Hochschule weiter zu studieren, und der in folgenden Unterrichtsformen möglich ist: technischer Befähigungsunterricht oder berufsbildender Unterricht.
Teilzeitunterricht wird für schulpflichtige Schüler ab 15/16 Jahren organisiert, die nicht mehr vollzeitig die Schule besuchen möchten. Während und am Ende der zweiten Stufe des Sekundarunterrichts (3. und 4. Jahr) haben die Schüler unter gewissen Bedingungen noch die Möglichkeit, die eingeschlagene Studienrichtung abzuändern. Am Ende der dritten Stufe können die Schüler einen Beruf ergreifen oder sich für ein Hochschulstudium entscheiden.
Eine Orientierung ins Sonderschulwesen ist bei Bedarf ab dem Vorschulalter möglich.
Die Schulpflicht
Das Gesetz regelt die Schulpflicht. Der Minderjährige ist schulpflichtig während des Zeitraumes, der mit seinem 6. Lebensjahr beginnt und an seinem 18. Geburtstag endet. Der Schüler muss bis zum Alter von 15/16 den Vollzeitunterricht besuchen und zwar höchstens 7 Jahre Primarschulunterricht und mindestens die beiden ersten Jahre des Vollzeit-Sekundarunterrichts. Nur wenn der Jugendliche im Alter von 15 Jahren die beiden ersten Jahre des Sekundarschulwesens nicht abgeschlossen hat, muss er bis zum Alter von 16 Jahren im Vollzeitsekundarschulwesen bleiben. Wenn er das zweite Jahr des Vollzeitsekundarunterrichts abgeschlossen hat (auch ohne es bestanden zu haben), unterliegt der 15jährige Schüler nicht mehr der Vollzeit-Schulpflicht. Die Vollzeit-Schulpflicht geht in keinem Falle über die Altersgrenze von 16 Jahren hinaus. Allerdings unterliegt der Jugendliche noch einer Teilzeit-Schulpflicht bis zum 18. Lebensjahr. Die Teilzeit-Schulpflicht wird eingehalten, wenn der Heranwachsende den Vollzeit-Sekundarunterricht oder einen beruflichen Teilzeitunterricht in einer Sekundarschule besucht oder an einer dualen Ausbildung teilnimmt (z.B. eine Lehre in einem Handwerksbetrieb verbunden mit Fach- und Allgemeinkursen in einem Ausbildungszentrum), die den gesetzlichen Anforderungen der Schulpflicht genügt. Die Fach- und Allgemeinkurse müssen mindestens 360 Stunden jährlich umfassen, wenn der Minderjährige an ihnen vor Ende des Schuljahres teilnimmt, in dem er das Alter von 16 Jahren erreicht; sie müssen mindestens 240 Stunden jährlich umfassen, wenn der Minderjährige an ihnen zwischen dem 1. Juli des Jahres teilnimmt, in dem er das Alter von 16 Jahren erreicht, und dem Ende des Schuljahres, in dem er 18 wird. Diese Kurse müssen sowohl zur Allgemeinbildung als auch zur fachlichen Vorbereitung auf die Ausübung eines Berufes beitragen. In der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist die Pädagogische Inspektion zuständig für die Kontrolle der Schulpflicht. Beim Feststellen eines schwerwiegenden Fehlverhaltens schaltet sie die Staatsanwaltschaft ein, die gemeinsam mit dem zuständigen Jugendgericht Wege sucht, um die Situation in den Griff zu bekommen.
Richtilinien für häuslichen Unterricht in der Deutschsprachigen Gemeinschaft
Häuslicher Unterricht ist gesetzlich zulässig und wird im Dekret vom 31. August 1998 bezüglich der Zuständigkeiten der Schulträger und des Personals geregelt, das allgemeine Bestimmungen über die Schulbildung für den allgemeinen Elementar-, Primar- und Sekundarbereich und die sonderpädagogische Förderung enthält.
Schüler, die zu Hause unterrichtet werden, müssen spätestens drei Tage vor Beginn des Schuljahres beim Bildungsministerium registriert werden. Häuslicher Unterricht von Kindern im Pflichtschulalter muss von den Erziehungsberechtigten organisiert und finanziert werden. Die Eltern müssen sicherstellen, dass ihre Kinder einen angemessenen Unterricht erhalten und sie der Kontrolle der Schulaufsicht unterstellen. Es ist gesetzlich festgelegt, dass häuslich unterrichtete Kinder zu bestimmten Zeitpunkten Prüfungen vor dem externen Prüfungsausschuss der Deutschsprachigen Gemeinschaft ablegen müssen: Die Prüfung zum Erhalt des Schulabgangszeugnisses des Primarbereichs (ISCED 1) muss spätestens vor dem 1. Januar in dem Schuljahr abgelegt werden, in dem die Schüler ein Alter von 11 Jahren erreichen. Die Prüfung für den Erhalt des Zeugnisses über den Abschluss des Sekundarbereichs II (ISCED 2) muss spätestens bis zum 1. Januar in dem Schuljahr abgelegt werden, in dem sie ein Alter von 14 Jahren erreichen, und die Prüfung für den Erhalt des Schulabgangszeugnisses für den Sekundarbereich (ISCED 3) muss spätestens bis zum 1. Januar des Schuljahres bestanden werden, in dem sie ein Alter von 17 Jahren erreichen.