Arten von Bildungseinrichtungen
Die gymnasiale Oberstufe
Das Zeugnis der Allgemeinen Hochschulreife wird nach zwölf (achtjähriges Gymnasium) oder dreizehn Schuljahren erworben.
An Schularten mit drei Bildungsgängen ist der gymnasiale Bildungsgang in der Regel nicht auf acht Jahre verkürzt.
Gemeinsame Grundsätze für die Gestaltung des Sekundarbereichs II hat die Kultusministerkonferenz in dem "Beschluss Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe und der Abiturprüfung" vom Juli 1972 in der jeweils geltenden Fassung festgelegt.
Die gymnasiale Oberstufe gliedert sich in eine einjährige Einführungsphase und eine zweijährige Qualifikationsphase. Der Jahrgangsstufe 10 kann dabei eine Doppelfunktion als letzter Schuljahrgang des Sekundarbereichs I und erster Schuljahrgang der gymnasialen Oberstufe zukommen. Am achtjährigen Gymnasium wird am Ende der Jahrgangsstufe 10 die Berechtigung zum Übergang in die Qualifikationsphase der gymnasialen Oberstufe erworben. Am neunjährigen Gymnasium wird am Ende der Jahrgangsstufe 10 die Berechtigung zum Übergang in die Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe erworben.
Aufbauend auf dem Unterricht im Sekundarbereich I ist der Unterricht in der Qualifikationsphase in der Regel schulhalbjahrsbezogen gegliedert. Innerhalb bestimmter Verpflichtungen für einzelne Fächer bzw. Fächergruppen haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit der individuellen Schwerpunktbildung.
Die Fächer sind nach dem Prinzip der Affinität jeweils einem Aufgabenfeld zugeordnet. Dabei handelt es sich um die drei folgenden Aufgabenfelder, zu denen hier exemplarisch einige Fächer genannt werden:
- das sprachlich-literarisch-künstlerische Aufgabenfeld (z. B. Deutsch, Fremdsprachen, Bildende Kunst, Musik)
- das gesellschaftswissenschaftliche Aufgabenfeld (z. B. Geschichte, Geografie, Philosophie, Sozialkunde/Politik, Wirtschaft)
- das mathematisch-naturwissenschaftlich-technische Aufgabenfeld (z. B. Mathematik, Physik, Chemie, Biologie, Informatik)
Jedes der drei Aufgabenfelder muss in der gymnasialen Oberstufe einschließlich der Abiturprüfung durchgängig repräsentiert sein. Der Pflichtbereich umfasst außer den drei Aufgabenfeldern die Fächer Religion (je nach den Bestimmungen der Länder) und Sport. Die Fächer Deutsch, Fremdsprache, Mathematik und Sport sowie in der Regel Geschichte und eine Naturwissenschaft müssen in der Qualifikationsphase der gymnasialen Oberstufe durchgehend belegt werden und die erbrachten Leistungen im Zeugnis der Allgemeinen Hochschulreife ausgewiesen und angerechnet werden.
Die Vergleichbarkeit der Prüfungsverfahren und Prüfungsanforderungen ist für alle Länder durch die „Einheitlichen Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung“ oder die Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife gewährleistet. Bis Ende 2008 verabschiedete die Kultusministerkonferenz für 41 Fächer einheitliche Prüfungsanforderungen, die zum Teil vor dem Hintergrund der Ergebnisse internationaler Schulleistungsvergleiche und auf der Grundlage von Expertenberichten überarbeitet worden sind.
Im Oktober 2012 hat die Kultusministerkonferenz Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife in den Fächern Deutsch, Mathematik und fortgeführte Fremdsprache (Englisch/Französisch) verabschiedet, die die "Einheitlichen Prüfungsanforderungen" in diesen Fächern ablösen. Auf der Basis der Bildungsstandards wurde ein Pool von Abiturprüfungsaufgaben entwickelt, aus dem sich die Länder erstmals 2017 bedienen konnten. Im Juni 2020 hat die Kultusministerkonferenz einheitliche Leistungsanforderungen für die gymnasiale Oberstufe und das Abitur in den Naturwissenschaften in allen 16 Ländern festgelegt. Dazu wurden verbindliche Bildungsstandards in den naturwissenschaftlichen Fächern Biologie, Chemie und Physik beschlossen. Im Jahr 2021 wurden Beispiele für mögliche Prüfungsaufgaben vorgelegt, um Anregungen zu vermitteln, wie die in den Bildungsstandards formulierten Anforderungen im Abitur geprüft werden können.
Der Fachunterricht in der gymnasialen Oberstufe wird auf unterschiedlichen Anspruchsebenen nach den einheitlichen Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung (EPA) bzw. in den Fächern Deutsch, Mathematik und den fortgeführten Fremdsprachen Englisch und Französisch sowie in den naturwissenschaftlichen Fächern Biologie, Chemie und Physik nach den Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife erteilt. Er ist gegliedert in Unterricht mit grundlegendem Anforderungsniveau und Unterricht mit erhöhtem Anforderungsniveau. Dabei vermittelt der Unterricht mit grundlegendem Anforderungsniveau eine wissenschaftspropädeutische Bildung und der Unterricht mit erhöhtem Anforderungsniveau eine exemplarisch vertiefte wissenschaftspropädeutische Bildung.
Der Unterricht mit grundlegendem Anspruchsniveau in den Fächern Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen ist drei- oder vierstündig, in allen anderen Fächern zwei- oder dreistündig. Die Schülerinnen und Schüler müssen zwei bis vier Fächer auf erhöhtem Anforderungsniveau belegen. Die Fächer auf erhöhtem Anforderungsniveau werden mindestens vierstündig, bei zwei Fächern auf erhöhtem Anforderungsniveau mindestens fünfstündig unterrichtet. Mindestens eines der Fächer Deutsch, Mathematik, eine Fremdsprache oder eine Naturwissenschaft ist auf erhöhtem Anforderungsniveau zu belegen.
Grundsätzlich sind in der Einführungsphase zwei Fremdsprachen zu belegen. Schülerinnen und Schüler, die vor dem Eintritt in die gymnasiale Oberstufe keinen oder keinen durchgehenden Unterricht in einer zweiten Fremdsprache erhalten haben, müssen in der gymnasialen Oberstufe durchgehend Unterricht in einer zweiten Fremdsprache belegen.
Unter den vier oder fünf Fächern der Abiturprüfung müssen sein:
- mindestens zwei Fächer mit erhöhtem Anforderungsniveau
- zwei der drei Fächer Deutsch, Fremdsprache oder Mathematik
- mindestens ein Fach aus jedem Aufgabenfeld des Pflichtbereichs, wobei es im Ermessen der Länder liegt, ob Religion das gesellschaftswissenschaftliche Aufgabenfeld repräsentieren kann
In einigen Ländern wird der Unterricht in den Kernfächern ausschließlich auf erhöhtem Anforderungsniveau erteilt.
Geographische Verteilung der Bildungseinrichtungen
Für Informationen über die geographische Verteilung der Bildungseinrichtungen im Sekundarbereich II wird auf die Ausführungen zum Primarbereich verwiesen.
Aufnahmebedingungen und Wahl der Bildungseinrichtung
Der Zugang zu den allgemeinbildenden Bildungsgängen im Sekundarbereich II erfolgt aufgrund von Abschlüssen und Berechtigungen, die am Ende des Sekundarbereichs I erworben werden. Zu der Möglichkeit der Aufnahme des Kindes in eine bestimmte Schule siehe die Ausführungen zum Aufbau der allgemeinbildenden Sekundarstufe I. Die Aufnahmebedingungen für die gymnasiale Oberstufe wurden weiter oben dargelegt.
Altersstufen und Klassenbildung
Spätestens in der gymnasialen Oberstufe werden die Schülerinnen und Schüler in der Regel nicht mehr in Jahrgangsklassen unterrichtet. An die Stelle des Klassenverbandes tritt ein System von Pflicht- und Wahlfächern mit der Möglichkeit der individuellen Schwerpunktbildung. Die Organisation des Unterrichts und die Ausgestaltung des Pflicht- und Wahlbereichs mit der Möglichkeit einer individuellen Schwerpunktbildung ist im Rahmen der entsprechenden Vereinbarung der Kultusministerkonferenz Angelegenheit der Länder. Diese Ausführungen zur gymnasialen Oberstufe gelten ebenso für die Beruflichen Gymnasien.
Gliederung des Schuljahres
Zur Gliederung des Schuljahres im Sekundarbereich wird auf die Ausführungen zum Aufbau des Primarbereichs verwiesen.
Wöchentliche und tägliche Unterrichtsdauer
Im Sekundarbereich II gibt es kein festgelegtes Unterrichtsende. Die wöchentliche Unterrichtszeit in der gymnasialen Oberstufe beträgt in der Regel auch 30 Wochenstunden, die im Rahmen des Unterrichts mit grundlegendem Anforderungsniveau und des Unterrichts mit erhöhtem Anforderungsniveau absolviert werden.
Im achtjährigen Gymnasium erhöht sich die Wochenstundenzahl in den Sekundarstufen I und II in der Regel um zwei bis vier Stunden. Um die gegenseitige Anerkennung der Abiturzeugnisse zu sichern, müssen alle Länder in der Sekundarstufe I und in der gymnasialen Oberstufe insgesamt ein Stundenvolumen von mindestens 265 Wochenstunden gewährleisten, auf die bis zu fünf Stunden Wahlunterricht angerechnet werden können.
Für allgemeine Informationen zur wöchentlichen und täglichen Unterrichtsdauer sowie zur 5- bzw. 6-Tage-Woche wird auf die Ausführungen zum Aufbau des Primarbereichs verwiesen.