In allen Bereichen des Bildungswesens gibt es, wenn auch in unterschiedlichem Umfang, Einrichtungen in freier Trägerschaft. Dazu gehören die Einrichtungen im Elementarbereich sowie Schulen und Hochschulen, aber auch Einrichtungen der Erwachsenenbildung. Das Nebeneinander und Miteinander von staatlichen und nichtstaatlichen Trägern gestattet eine Auswahl nicht nur unter verschiedenen Bildungsangeboten, sondern auch unter verschiedenen Trägern von Bildungseinrichtungen und fördert Wettbewerb und Innovation im Bildungswesen. Kirchen und gesellschaftliche Gruppen leisten durch die von ihnen getragenen Bildungseinrichtungen einen Beitrag zur Gestaltung von Staat und Gesellschaft.
Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung
Die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern bis zum Schuleintritt findet insbesondere in den westdeutschen Ländern überwiegend in Kindertageseinrichtungen von freien Trägern statt. Das Achte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe) räumt den Einrichtungen der freien Träger (Kirchen, Wohlfahrtsverbände, Elternvereine u. a.) im Interesse eines vielfältigen Angebotes den Vorrang ein. Die örtlichen Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe (Landkreise und kreisfreie Städte) sollen erst dann eigene Einrichtungen schaffen, wenn geeignete Angebote von anerkannten freien Trägern nicht vorhanden sind oder nicht rechtzeitig geschaffen werden können. Infolge dieses Prinzips wurden 2020 in Deutschland rund 67 Prozent der Kindertageseinrichtungen von freien Trägern der Kinder- und Jugendhilfe unterhalten.
Die Kindertageseinrichtungen in kommunaler oder freier Trägerschaft unterstehen der Aufsicht des überörtlichen Trägers der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe, die im Allgemeinen von den Landesjugendämtern ausgeübt wird. Die freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe erhalten finanzielle Zuschüsse des Landes und auch der Kommunen für die Unterhaltung der Kindertageseinrichtungen (z. B. für Betriebskosten und für Investitionen).
Schulen in freier Trägerschaft
Das Recht zur Errichtung von Schulen in freier Trägerschaft wird durch das Grundgesetz (Art. 7 Abs. 4) und zum Teil entsprechende Bestimmungen der Landesverfassungen ausdrücklich gewährleistet. Mit dieser Privatschulfreiheit verbunden ist zugleich eine Garantie der Schule in freier Trägerschaft als Institution. Damit ist ein staatliches Schulmonopol verfassungsrechtlich ausgeschlossen. Der prozentuale Anteil der Schulen in freier Trägerschaft ist nach Ländern und Schularten sehr unterschiedlich. Die wichtigsten Rechtsvorschriften für die Errichtung von Schulen in freier Trägerschaft sind die Schulgesetze und eigene Privatschulgesetze sowie Finanzhilferegelungen in Form von Gesetzen und Verordnungen der Länder. Einheitliche Rahmenbedingungen in den Ländern werden durch eine Vereinbarung über das Privatschulwesen der Kultusministerkonferenz vom August 1951 sichergestellt.
Nach dem Grundgesetz unterstehen auch Schulen in freier Trägerschaft der staatlichen Schulaufsicht. Bei der Errichtung jeder Schule in freier Trägerschaft sind zunächst allgemeine gesetzliche und polizeiliche Anforderungen, so etwa im Hinblick auf Bau- und Brandsicherheit, Gesundheitsschutz und Jugendschutz, zu beachten. Die persönliche Eignung von Trägern, Leitern und Lehrkräften muss sichergestellt sein.
Primarbereich
Im Primarbereich ist die Errichtung von Schulen in freier Trägerschaft nur unter engen Voraussetzungen (Art. 7 Abs. 5 Grundgesetz) möglich, nämlich dann, wenn die Schulverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder – auf Antrag von Erziehungsberechtigten – wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden sollen und eine öffentliche Schule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht. Grundschulen in freier Trägerschaft sind daher die Ausnahme; es handelt sich fast durchweg um konfessionelle Grundschulen, Freie Waldorfschulen, Alternativschulen und Schulen mit bilingualem und internationalem Profil, um Grundschulen mit angeschlossenem Internat und um Schulen der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein.
Sekundarbereich
Im Sekundarbereich sind zwei Kategorien von Schulen in freier Trägerschaft zu unterscheiden:
- Ersatzschulen sollen nach ihrem Gesamtzweck als Ersatz für im Land vorhandene oder grundsätzlich vorgesehene öffentliche Schulen dienen und bedürfen einer Genehmigung durch die Schulbehörden. An diesen Schulen kann die Schulpflicht erfüllt werden. Dabei können Ersatzschulen z. B. als konfessionelle Schulen, Reformschulen, Schulen mit bilingualem und internationalem Profil oder Internatsschulen einen eigenen Bildungsauftrag erfüllen.
- Ergänzungsschulen sollen das öffentliche Bildungsangebot durch Bildungswege ergänzen, die in öffentlichen Schulen in der Regel nicht bestehen, vor allem im beruflichen Bereich. Bei den Ergänzungsschulen besteht nur eine Anzeigepflicht über die Aufnahme des Schulbetriebs gegenüber den Schulbehörden. Unter bestimmten Bedingungen können die Schulbehörden die Eröffnung und den Betrieb einer Ergänzungsschule jedoch auch untersagen
Staatliche Genehmigung von Ersatzschulen
Die Voraussetzungen für die Genehmigung einer Ersatzschule sind im Grundgesetz (Art. 7 Abs. 4) festgelegt. Die Genehmigung wird von der zuständigen Schulbehörde des betreffenden Landes erteilt, wenn die Schule in freier Trägerschaft in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurücksteht und eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist. Die Schulaufsicht hat darüber zu wachen, dass diese Genehmigungsvoraussetzungen eingehalten werden und kann die Genehmigung wieder entziehen, wenn die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind.
Zu den genannten Voraussetzungen der staatlichen Genehmigung von Ersatzschulen gehören im Einzelnen:
- Gleichwertigkeit der Lehrziele:
Hinsichtlich der Gleichwertigkeit mit den Lehrzielen der entsprechenden Schulart des öffentlichen Schulwesens wird keine strikte Bindung an die Stundentafeln und Lehrpläne der öffentlichen Schulen verlangt. Die Schule in freier Trägerschaft kann religiöse oder weltanschauliche Erziehungsziele verfolgen sowie eigene Unterrichtsinhalte festsetzen und nach eigenen Unterrichtsmethoden vorgehen.
- Gleichwertigkeit der Einrichtungen:
Sie betrifft einerseits Aspekte der Schulausstattung, andererseits Fragen der Schulorganisation. Die Schulen müssen gleichwertige Gebäude und Ausstattungen haben, aber hinsichtlich der Schulorganisation sind auch Eigenheiten der Schulen in freier Trägerschaft zulässig (z. B. kollegiale Schulleitung, besondere Mitwirkungsrechte von Schülern und Eltern).
- Gleichwertigkeit der Lehrkräfteausbildung:
Das Lehrpersonal muss über eine wissenschaftliche Ausbildung und pädagogische Befähigung verfügen, die der staatlichen Lehrkräfteausbildung vergleichbar ist; in der Praxis hat ein großer Teil der Lehrkräfte eine staatliche Lehrkräfteausbildung absolviert.
- Wirtschaftliche und rechtliche Sicherung der Lehrkräfte:
Erforderlich ist hier ein schriftlicher Anstellungsvertrag, der die Tätigkeit, die Kündigungsmöglichkeiten, den Urlaubsumfang, ausreichende Bezüge und eine Anwartschaft auf Altersversorgung vorsieht. Dadurch sollen Lehrkräfte an Schulen in freier Trägerschaft im Hinblick auf ihre wirtschaftliche und rechtliche Sicherung nicht wesentlich schlechter gestellt sein als Lehrkräfte an öffentlichen Schulen.
- Keine Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen:
Nach dem Grundgesetz (Art. 7 Abs. 4) sollen Schülerinnen und Schüler ohne Rücksicht auf ihre wirtschaftlichen Verhältnisse Ersatzschulen besuchen können. Ein Schulgeld kann erhoben werden, muss aber sozial ausgewogen sein. Die staatlich genehmigten Ersatzschulen erheben deshalb entweder nur ein mäßiges Schulgeld oder gewähren bei höherem Schulgeld Erleichterungen für Schülerinnen und Schüler, deren Eltern finanziell schwächer gestellt sind (Schulgeldnachlass, Geschwisterermäßigung u. ä.). Zur Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft siehe die Beschreibung der Finanzierung des Elementar- und Schulbereichs.
Staatliche Anerkennung von Ersatzschulen
Mit der Genehmigung als Ersatzschule durch die Schulbehörden wird in nahezu allen Ländern nicht automatisch das Recht erworben, Prüfungen abzuhalten und Abschlusszeugnisse zu erteilen, die den Berechtigungen der öffentlichen Schulen entsprechen. Diese können die betroffenen Schülerinnen und Schüler nur durch eine Externenprüfung erhalten, d. h. durch eine Prüfung vor einer Prüfungskommission an einer öffentlichen Schule.
Erst die staatliche Anerkennung verleiht der Ersatzschule die Befugnis, nach den für öffentliche Schulen geltenden Vorschriften Prüfungen abzuhalten und Zeugnisse zu erteilen; damit werden ihr rechtliche Befugnisse der öffentlichen Schulen übertragen. Voraussetzung für die Anerkennung ist, dass die bereits für die Genehmigung geforderten Bedingungen dauerhaft gegeben sind (Schulbetrieb ohne Beanstandungen der Schulaufsicht) und dass für die Aufnahme und Versetzung der Schülerinnen und Schüler sowie bei der Abhaltung von Prüfungen die Regelungen für öffentliche Schulen des Landes Anwendung finden.
Die Genehmigung bzw. die spätere Anerkennung bringt auch einige weitere Rechte und Pflichten für Schulträger, Lehrkräfte, Eltern und Schüler mit sich. So besteht grundsätzlich vom Zeitpunkt der Genehmigung einer freien Schule bzw. in den meisten Ländern nach einer Wartefrist von zwei bis drei Jahren ein Anspruch auf öffentliche Finanzhilfe der Länder für Ersatzschulen. Die finanziellen Hilfen für Schülerinnen und Schüler orientieren sich an denjenigen der öffentlichen Schulen. Lehrkräfte können zu Tätigkeiten an Ersatzschulen unter Anrechnung der Dienstzeiten beurlaubt werden und Titel wie verbeamtete Lehrkräfte an öffentlichen Schulen führen. Die Schulen können Referendare ausbilden. Andererseits sind die anerkannten Ersatzschulen in einigen Ländern auch verpflichtet, Bestimmungen zu Schulordnung, Konferenzen und Mitwirkung, wie sie an öffentlichen Schulen gelten, zu übernehmen.
Staatlich anerkannte Einrichtungen des tertiären Bereichs
Im Hochschulrahmengesetz (HRG) und den Hochschulgesetzen der Länder wird geregelt, welche Anforderungen mindestens erfüllt sein müssen, wenn nichtstaatlichen Einrichtungen die staatliche Anerkennung als Hochschulen verliehen werden soll.
Die Entscheidung über die Anerkennung von nichtstaatlichen Einrichtungen als Hochschulen ist allein Sache der Länder. Bund und Länder sind übereingekommen, die nichtstaatlichen Einrichtungen im Rahmen von Anerkennungsverfahren institutionell durch den Wissenschaftsrat akkreditieren zu lassen. Die institutionelle Akkreditierung ist ein Verfahren der Qualitätssicherung, das die Frage klären soll, ob eine Einrichtung in der Lage ist, Studienangebote zur Verfügung zu stellen, die nach der Gesetzgebung dem Hochschulbereich zuzuordnen sind. Im Rahmen der Akkreditierung ist die Erfüllung von Qualitätsstandards zu überprüfen und festzustellen, die sich aus den im Hochschulrahmengesetz (HRG) und in den Landeshochschulgesetzen formulierten Anforderungen ergeben und auf das besondere Profil der anzuerkennenden Hochschule bezogen sein sollten. Die staatliche Anerkennung durch das jeweilige Land setzt den Nachweis der Gleichwertigkeit (nicht Gleichartigkeit) mit staatlichen Hochschulen voraus. Hieraus folgt, dass in einer Reihe von Punkten nachzuweisen ist, dass die nichtstaatliche Einrichtung dem Niveau und Leistungsprofil sowie den Anforderungen, die eine vergleichbare staatliche Hochschule stellt, gerecht wird. Ferner muss ein Mindestmaß an Mitbestimmung der Angehörigen der Hochschule bei Lehre und Studium gewährleistet sein. Bei der Anerkennung werden die Bezeichnung und Organisation der Hochschule, die vorgesehenen Studiengänge und Hochschulprüfungen sowie die Verleihung der akademischen Grade festgelegt.
Während die Zahl der staatlichen und staatlich anerkannten Hochschulen in den vergangenen Jahren relativ konstant geblieben ist, sind die Studierendenzahlen stetig angestiegen. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es mit Stand vom Sommersemester 2021 der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) zufolge insgesamt 420 staatliche und staatlich anerkannte Hochschulen in Deutschland. Darunter befinden sich 148 – überwiegend kleine – staatlich anerkannte Hochschulen in privater oder kirchlicher Trägerschaft.
Im Bereich der Berufsakademien gibt es länderspezifische Regelungen. Während die Berufsakademie in Sachsen eine staatliche Einrichtung ist, sehen die Berufsakademiegesetze in Hessen, Niedersachsen, im Saarland und in Schleswig-Holstein ausschließlich nicht-staatliche Berufsakademien vor, die der Anerkennung durch das fachlich zuständige Ministerium bedürfen. Das Hamburgische Berufsakademiegesetz ermöglicht die Einrichtung von Berufsakademien in staatlicher und nicht-staatlicher Trägerschaft. In Baden-Württemberg und Thüringen wurden die staatlichen Berufsakademien in duale Hochschule umgewandelt. Die Berufsakademien in nicht-staatlicher Trägerschaft werden im Gegensatz zu den staatlichen Berufsakademien nicht durch Landesmittel gefördert.
Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft im Bereich der Weiterbildung
Das Weiterbildungsangebot umfasst ein breites Spektrum von Maßnahmen der allgemeinen, beruflichen, politischen und kulturellen Weiterbildung, das in einem gewachsenen Nebeneinander von staatlichen und privaten, gemeinnützigen und gewinnorientierten, betrieblichen und öffentlichen Bildungseinrichtungen sowie von Einrichtungen der Evangelischen und Katholischen Kirche, der Gewerkschaften und anderer gesellschaftlicher Gruppen getragen wird.